"In diesem Sinn war unsere Sache nicht nur ein medizinischer Feldzug, sondern ein Kampf für die Menschenrechte."

Franco Basaglia

"Wie kaum ein anderer steht er für den Kampf für die Vermenschlichung der Psychiatrie, das heißt, für ihre Auflösung."

Wolfgang Jantzen
* 11. März 1924 in Venedig, Italien
† 29. August 1980 in Venedig, Italien
Staatsangehörigkeit bei Geburt: Italien
Staatsangehörigkeit bei Tod: Italien
Vater

Enrico Basaglia

Mutter

Cecilia Faccin

Partnerin

Franca Ongaro

* 5. September 1928  Venedig
† 13. Januar 2005  Venedig
Kind

Enrico Basaglia

* 1953  Venedig
Kind

Alberta Basaglia

* 1955  Venedig
Land des Kampfes für die Menschenrechte: Italien
Ort des Kampfes für Menschenrechte: Venedig, Görz, Colorno, Triest
Bereich Art Von Bis Ort
Universität Unbekannt 1943 1949
Beruf Psychiater

Psichiatria Democratica

Ort: Bologna
Eintrittsgrund: Die Organisation wurde von Franco Basaglia u. a. gegründet, um die Kräfte zu bündeln und politischen Einfluss zu gewinnen.
Funktion / Tätigkeit: Die Organisation setzte sich für grundlegende Reform der italienischen Psychiatrie und die Schließung der "Irrenanstalten" ein. Sie war maßgeblich an dem Prozess beteiligt, der zur Verabschiedung des Gesetzes 180 führte. Franco Basaglia war Gründungsmitglied und Gallionsfigur der Organsiation.

Leitmotiv

Stimme der Ausgeschlossenen

Der Psychiater Franco Basaglia kämpfte gegen die menschenunwürdigen Zustände in italienischen „Irrenanstalten“.

Er leistete Zeit seines Lebens Widerstand gegen eine ausgrenzende Gesellschaft und versuchte, den Menschen in den Anstalten ihre Stimme und ihre Würde zurückzugeben.

Wie wurde die Geschichte bekannt?

Das “Experiment” in Görz im Allgemeinen und die Geschichte von Franco Basaglia im Besonderen wurden in Italien im Zuge der Studierendenbewegung bekannt.

Wann wurde die Geschichte bekannt?

1968

Literatur (Literatur, Filme, Webseiten etc.)

Foot, J. (2017): La ”Repubblica dei Matti”: Franco Basaglia e la psichiatria radicale in Italia, 1961-1978. Feltrinelli Editore.

Foot, J. (2015): The man who closed the asylums: Franco Basaglia and the revolution in mental health care. London; New York: Verso.

Jantzen, W. (2016): Franco Basaglia und die Freiheit eines jeden. Oder: Die Suche nach der verlorenen Psychiatrie. In: Jahrbuch der Luria-Gesellschaft 2015. S. 66-75.

König, M. (2010): Franco Basaglia und das Gesetz 180. Die Auflösung der psychiatrischen Anstalten in Italien 1978. In: P. Terhoeven (Hg.): Italien, Blicke. Neue Perspektiven der italienischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 209-233.

Pivetta, O. (2014): Franco Basaglia, il dottore dei matti: la biografia. Milano: Baldini & Castoldi.

Scabia, G. (1979): Das grosse Theater des Marco Cavallo: Phantasiearbeit in der Psychiatrischen Klinik Triest. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Schmid, S. (1977): Freiheit heilt: Bericht über die demokratische Psychiatrie in Italien. Berlin: Wagenbach.

Steinberg, H. (2008): Franco Basaglia (1924-1980). In: Psychiatrische Praxis 35, (7), S. 361.

Zehntbauer, J., d’Onofrio, P., Tullio, F., Toresini, L., Basaglia, F. (1999): Die Auflösung der Irrenhäuser oder: Die Neue Psychiatrie in Italien. München: Zenit Verlag. 4. Aufl.

Eigene Werke

Basaglia, F.; Ongaro Basaglia, F. (Hrsg.) (1968): Morire di classe. La condizione manicomiale fotografata da Carla Cerati e Gianni Berengo Gardin. Turin: Einaudi Verlag.

Basaglia, F. (Hrsg.) (1978): Die negierte Institution oder die Gemeinschaft der Ausgeschlossenen: ein Experiment der psychiatrischen Klinik in Görz. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag. 2. Aufl.

Basaglia, F. (1981): Was ist Psychiatrie? 2. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Basaglia, F.; Basaglia Ongaro, F. (1972): Die abweichende Mehrheit: die Ideologie der totalen sozialen Kontrolle. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Basaglia; Foucault; Castel; Wulf; Chomsky; Laing; Goffman u.a. (1980): Befriedungsverbrechen. Über die Dienstbarkeit der Intellektuellen. Frankfurt am Main: Europäische Verl.-Anst.

Basaglia, F. (2002): Die Entscheidung des Psychiaters. Bonn: Psychiatrie-Verlag.

Filme / Dokumentationen:

Agapito, E. (2002): X Day: I grandi della Scienza del Novecento. Franco Basaglia. (X-Day: great scientists of the 20th century. Franco Basaglia). Sprache: Englisch.

Agosti, S. (2000): La seconda ombra. Sprache: Italienisch.

Bereits im jungen Erwachsenenalter leistete Franco Basaglia aus politischer Überzeugung heraus bewussten Widerstand gegen den Faschismus und den Nationalsozialismus. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen in faschistischer Gefangenschaft konnte er die Zustände in den italienischen „Irrenanstalten“ nicht ertragen. Er konnte weder wegsehen noch mitmachen. Er entschloss sich, Nein zu sagen und den Versuch zu unternehmen, etwas zu verändern. Die Kraft hierfür nahm er einerseits aus seiner politischen Überzeugung und andererseits aus seinem tiefen Mitgefühl, das er gegenüber den Menschen in den Anstalten empfand, die ihre Stimme und ihre Rechte verloren hatten. Von besonderer Bedeutung war zudem seine Frau Franca Ongaro Basaglia, die ihm immer wieder die nötige Kraft spendete. In seinem Kampf um des Menschen Rechte scheute er es nicht, selbst zu einem „Störfaktor“ zu werden.
„So wie man den Geisteskranken aus der Gesellschaft ausstößt, weil er ein sozialer Störfaktor ist, so versucht man auch diejenigen auszustoßen, die sich mit ihm solidarisieren und damit ebenfalls zum sozialen Störfaktor werden“ (Franco Basaglia).
Er wurde oft für „verrückt“ erklärt, aber glücklicherweise – wie er selbst bemerkte – nie in eine Anstalt gesteckt. Zeit seines Lebens war er eine Stimme der Ausgeschlossenen und Ausgestoßenen.
  • Persönlichkeit
  • Familiäres Umfeld
  • Politische Einstellung
  • Andere
Menschenwürde
Verbot von Folter oder grausamer, unmenschlicher Behandlung
Gleichheit vor dem Gesetz
Recht auf Gesundheit

EINLEITUNG

Stimme der Ausgeschlossenen

Der Psychiater Franco Basaglia kämpfte gegen die menschenunwürdigen Zustände in italienischen „Irrenanstalten“. Er leistete Zeit seines Lebens Widerstand gegen eine ausgrenzende Gesellschaft und versuchte, den Menschen in den Anstalten ihre Stimme und ihre Würde zurückzugeben.

DIE GESCHICHTE

Franco Basaglia / 1924-1980
Im Kampf um des Menschen Rechte

 

„Der Diskurs der Würde des Menschen beginnt und endet nicht im Ideenhimmel der Philosophen, sondern in der gesellschaftlichen Praxis.“

Basaglia u. Ongaro Basaglia 1980, S. 61.

 

Der italienische Psychiater Franco Basaglia leistete aktiven und passiven Widerstand gegen eine zutiefst ausgrenzende Gesellschaft, die psychisch Kranke und behinderte Menschen in gefängnisähnlichen Anstalten internierte.[1] In puncto Inklusion war er nicht nur seiner, sondern auch unserer Zeit weit voraus, sodass ein Blick zurück nach vorn im Hier und Jetzt Orientierung für eine humanere Zukunft geben kann. Als Teil einer nationalen und internationalen Bewegung, die in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Fahrt aufnahm, stellte er den menschenunwürdigen Umgang mit dem ›Anders-Sein‹[2] radikal in Frage. Daher ist sein ›Feldzug‹[3] gegen das ›psychiatrische Establishment‹[4], um es mit seinen eigenen Worten zu sagen, stets vor dem Hintergrund der kollektiven Bemühungen um Deinstitutionalisierung jener Jahre abzubilden.[5] In Italien lebten damals etwa 100 000 Menschen in „Irrenanstalten“, wo sie auf der Grundlage eines zutiefst diskriminierenden „Unterbringungsgesetzes“ ihrer Bürger_innenrechte beraubt wurden. Basaglia bezeichnete diese Anstalten polemisch als die Gulags des Westens.[6] In Anbetracht der katastrophalen Zustände, die in ihnen herrschten, gab es für ihn nur zwei Möglichkeiten: Entweder ein ›Befriedungsverbrechen‹[7] begehen und mitmachen oder Neinsagen zum staatlichen Unrecht und aufbegehren.[8] Basaglia entschloss sich für Letzteres und obwohl ihm immer wieder Steine in den Weg gelegt wurden, gelang es ihm, zu beweisen, dass „(…) kein Mensch wegen einer psychischen Erkrankung, egal wie schwer sie ist, dauerhaft in einer Institution leben muss“.[9]

 

Familiärer Hintergrund und frühe Kindheit in Venedig

Abb. 1

Franco Basaglia wurde am 11. März 1924 als zweites von drei Kindern in eine gutbürgerliche Familie hineingeboren und wuchs im Stadtteil San Polo in Venedig auf. Sein Vater war ein erfolgreicher Unternehmer und die Familie verhielt sich loyal zum faschistischen Staat unter der Führung von Benito Mussolini.[10]  (Bild 1 u. 2)

 

Widerstand gegen das Unrechtsregime

Franco Basaglia rebellierte früh und wurde Teil der antifaschistischen Bewegung. Politisch beeinflusst hat ihn vor allem Agostino Zanon dal Bo, sein Lehrer am Gymnasium, der sich aktiv am Aufbau der antifaschistischen Partito d’Azione (Partei der Aktion) in Venetien beteiligte. Ihm war es gelungen, eine Gruppe von jungen Menschen für den Widerstand zu gewinnen – darunter auch Basaglia. Lucio Rubini, ebenfalls ein Schüler von Zanon dal Bo, berichtete später rückblickend, dass Franco Basaglia ein überzeugter Antifaschist war.

Abb. 2

Während des Zweiten Weltkriegs begann Basaglia mit seinem Studium und schrieb sich für Medizin und Chirurgie an der Universität im nahegelegenen Padua ein. Ende 1943 wurde Norditalien nach dem Waffenstillstandsabkommen zwischen dem Königreich Italien und den Alliierten von der Wehrmacht besetzt und sein ›Kampf um des Menschen Rechte‹[11] richtete sich fortan sowohl gegen die italienischen Faschisten als auch gegen die deutschen Nationalsozialisten.[12] Basaglia beteiligte sich an unterschiedlichen Widerstandsaktionen. So verschaffte er sich beispielsweise eines Nachts Zugang zu einer Schule, um gemeinsam mit einem Genossen antifaschistische Parolen zu verbreiten. „Morte ai Fascisti, Libertà ai Popoli“ („Tod den Faschisten, Freiheit für die Völker“) war am nächsten Tag auf allen Tafeln zu lesen. Den Widerstand bezahlte er mit seiner Freiheit.[13] „Als ich das erste Mal ein Gefängnis betrat“, so Basaglia, „war ich Medizinstudent. Ich kämpfte gegen den Faschismus und wurde deshalb eingesperrt.“[14] In dieser Zeit kam es zu zahlreichen Verhaftungen, da es der Polizei gelungen war, die Basiszentrale der Widerstandsbewegung aufzuspüren und Einblicke in ihr Netzwerk zu gewinnen. Basaglia wurde fünf Tage und Nächte in der Polizeistation verhört, bevor er zum Jahreswechsel 1944/45 in das berüchtigte Zentralgefängnis von Venedig verlegt wurde. Dort musste er die nächsten Monate in großen Gruppenzellen zubringen, bis zum erfolgreichen Gefängnisaufstand vom 26. April 1945. Nach heftigen Scharmützeln zwischen den gewöhnlichen und den politischen Gefangenen, war es letzteren zusammen mit einigen Wärtern gelungen, die Kontrolle zu übernehmen und den Rückeroberungsversuch der Nazis zu vereiteln. In der Folge breitete sich der Gefängnisaufstand über das gesamte Stadtgebiet aus und läutete den Anfang vom Ende nationalsozialistischer Herrschaft in Venedig ein. Über die Rolle, die Basaglia spielte, ist leider wenig bekannt. Klar ist jedoch, dass die schrecklichen Erfahrungen, die er in faschistischer Gefangenschaft machte, tiefe Spuren hinterließen und seine spätere Sichtweise auf die Psychiatrie maßgeblich prägten.[15]

 

Berufliche Weichenstellung und Familiengründung

1945 lernte er Franca Ongaro kennen, die Schwester des Widerstandskämpfers Alberto Ongaro, der ein Schulfreund von ihm war. Die beiden heirateten 1953 und bekamen zwei Kinder, Alberta und Enrico Basaglia. Der Einfluss von Franca Ongaro Basaglia auf das Leben und Wirken von Franco Basaglia wird bis heute unterschätzt, obwohl er kaum überschätzt werden kann.[16]

Nach den Schrecken des Krieges schloss Basaglia zunächst sein Studium ab, bevor er zwischen 1949 und 1961 Praxiserfahrung in einer Anstalt für „Nerven- und Geisteskrankheiten“ in Padua sammelte und als Assistent für einen renommierten Universitätsprofessor arbeitete.[17] Mit seiner Facharztweiterbildung 1952 legte er wichtige Weichen und 1958 erlangte er die Doktorwürde im Feld der Psychiatrie. In dieser Phase veröffentlichte er eine ganze Reihe wissenschaftlicher Artikel und verschlang die philosophischen Werke von Sartre, Minkowski, Husserl, Jaspers, Heidegger und Merleau-Ponty. Von besonderer Bedeutung für seine geistige Entwicklung war außerdem die Lektüre von Ist das ein Mensch? des Auschwitz-Überlebenden Primo Levi, dessen Erfahrungsbericht ihn zutiefst erschütterte. Trotz herausragender universitärer Leistungen blieb ihm eine akademische Karriere letztlich jedoch verwehrt, vermutlich aufgrund seines unbequemen und kritischen Denkens, mit dem er im konservativen Klima auf Ablehnung stieß. Jedenfalls empfahl ihm sein damaliger Professor, sich besser eine Stelle im „Irrenhaus“ zu suchen.[18]

 

Beginn des Experiments in Görz

1961 wurde Basaglia Direktor der psychiatrischen Anstalt in Gorizia (zu Deutsch: Görz) an der jugoslawischen Grenze, wo sein Marsch – oder besser gesagt – sein ›Galopp durch die Institutionen‹[19] begann.

„Als ich (…) im Irrenhaus von Gorizia zu arbeiten anfing, verstand ich die Welt nicht mehr: die Gewalttätigkeit, die sich täglich vor meinen Augen abspielte. Meine Kritik kam zunächst vom rein Menschlichen her. Ich sah noch nicht den Zusammenhang zwischen der technischen und der politischen Seite.“[20]

Die traditionelle Anstalt, die etwa 500 Betten zählte, glich einem Sammelbecken für all jene, die aus dem bürgerlich-kapitalistischen Raster fielen und aus dem ›normalen gesellschaftlichen Verkehr gezogen‹[21] wurden. Sie war eine ›totale Institution‹[22] par excellence, ein Ort der offenen und der verdeckten Gewalt, die insbesondere die entmündigten und zu Objekten verdinglichten Insass_innen zu spüren bekamen. Von der manifesten Gewalt zeugten nicht nur die Mauern, die Gitter, die Zäune und die Schlösser, die eine physische Grenze zwischen „Wahnsinn und Vernunft“ zogen, sondern auch die Sedierungen, Fixierungen und psychischen Drangsalierungen, denen die Zwangseingewiesenen in den geschlossenen Abteilungen tagein, tagaus ausgesetzt waren.[23] Die Aussagen eines ehemaligen Insassen, der nach der Öffnung der Anstalt interviewt wurde, lassen die kaum in Worte zu fassenden Zustände erahnen:

„(…) Früher beteten (…) die Leute darum, sterben zu dürfen. Wenn einer starb, läuteten immer die Glocken (…). Wenn die Glocken läuteten, sagten alle: Mein Gott, wenn ich nur gestorben wäre, sagten sie, ich bin dieses Leben hier drin so leid. – Wie viele sind gestorben, die heute leben und gesund sein könnten! Aber sie sahen eben keinen Ausweg; deshalb stumpften sie immer mehr ab, schließlich verweigerten sie sogar jegliche Nahrungsaufnahme. Da stopfte man ihnen das Essen mit einer schmalen Kanüle durch die Nase, aber das half nicht. Sie waren hier drin eingesperrt, ohne den Schimmer einer Hoffnung, jemals herauszukommen. Stellen sie sich eine Pflanze vor, die verblüht, weil kein Regen fällt und ihre Blätter verwelken: so erging es hier den Leuten.“[24]

Schockierend sind auch die Aussagen einer ehemaligen Insassin, die auf die Frage, ob sie eine Zwangsjacke tragen musste, antwortete:

„(…) Den ganzen Tag, von morgens bis abends, und nachts schnallten sie uns im Bett fest, Füße und Hände, alles, wie der Herr Jesus am Kreuz (…).“[25]

Darüber hinaus wurde sie gefragt, ob sie nicht in den Garten der Anstalt durfte, woraufhin sie erzählte:

„(…) Doch in den Garten schon, aber dort hat man uns auch festgebunden. An schönen Tagen, wenn die Sonne schien, hat man uns im Garten angeschnallt. Ich war oft an der Bank im Garten angebunden, oder am Baum im Hof. Mich haben sie immer dort festgebunden.“[26]

Als Basaglia das erste Mal mit den verheerenden Zuständen in der Anstalt konfrontiert wurde, fühlte er sich flashbackartig in die Zeit seiner eigenen Gefangenschaft zurückversetzt und stellte mit Erschrecken fest: „(…) Diese Klinik gleicht einem Gefängnis“.[27] Das Anstaltselend war für den frischgebackenen Direktor schlichtweg nicht hinnehmbar und provozierte eine radikale Negation der Gewalt.[28] „Unsere Aktion“, so Basaglia, „ging von einer Realität aus, die wir nicht akzeptieren konnten – die Realität der Irrenanstalten.“[29] Oder um es mit Franca Ongaro Basaglia zu sagen: „It all began with a ‘no’“.[30] Kaum in Görz angekommen, verdeutlichte Basaglia dem alteingesessenen Personal – darunter auch einige Nonnen –, dass fortan ein anderer Wind weht. So wollte beispielsweise eine Schwester von ihm die Unterschrift einholen, um die Insass_innen – wie gewohnt – für die Nacht zu fixieren, woraufhin ihr Basaglia trocken entgegnete: „Ich unterschreibe nicht“.[31] Das ›Experiment‹[32] hatte begonnen und die Anstalt verwandelte sich in das ›Laboratorium einer humaneren Gesellschaft‹[33]. Um sowohl das Personal als auch die Insass_innen aus ihren traditionellen Rollen zu befreien, war es zunächst erforderlich, die autoritär-hierarchische Struktur im Sinne des berühmten Leitsatzes libertà é terapeutica[34] zu demokratisieren und für ein ›Klima der Freiheit‹[35] zu sorgen. Für Basaglia bedeutete dies, „(…) die psychiatrische Anstalt in ein Zentrum umzuwandeln, das, soweit wie möglich, gemeinschaftlich geführt werden soll (…)“.[36] Beeinflusst von Fanons, Foucaults und Goffmans einschlägigen Schriften zum Thema, die in dieser Zeit publiziert wurden, sowie den Reformbewegungen im Feld der Psychiatrie, die nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in Großbritannien, Frankreich und den USA zunehmend an Boden gewannen, sah Basaglia im Aufbau einer sogenannten therapeutischen Gemeinschaft ein geeignetes Mittel, um die traditionelle Organisationsstruktur vom Kopf auf die Beine zu stellen. Dabei orientierte er sich insbesondere an Maxwell Jones, der in dieser Hinsicht in Dingleton (Schottland) bereits Pionierarbeit geleistet hatte.[37]

Praktisch bedeutete dies, um nur einige zentrale Punkte zu nennen:

  • dass repressive Behandlungsmethoden abgeschafft und die Insass_innen nicht mehr länger gefesselt, geschlagen und gefoltert wurden,
  • dass Zäune, Mauern und Gitter sowohl sinnbildlich als auch wortwörtlich niedergerissen wurden,
  • dass vertikalen Hierarchien abgeflacht und demokratisiert wurden,
  • dass alle Gemeinschaftsmitglieder in den einberufenen Vollversammlungen und Abteilungssitzungen eine gleichberechtigte Stimme erhielten,
  • dass zahlreiche Insass_innen entlassen wurden oder einen Gast-Status bekamen,
  • und nicht zuletzt, dass Ausflüge gemeinsam organisiert wurden.[38]

 

„(…) Schritt für Schritt (…)“, so Basaglia, „setzten wir alles daran, die Insassen von drinnen nach draußen und die Menschen von draußen nach drinnen zu bringen.“[39] Die Anstalt wurde geöffnet und die Insass_innen erhielten ihre Stimme und ihre Würde zurück. Foot bringt es auf den Punkt, wenn er im Hinblick auf die Maßnahmen konstatiert: „It made non-people into real people again (…)“[40]. Freilich waren die Veränderungen nicht über Nacht möglich und setzten einen langwierigen Prozess voraus – wie die letzte geschlossene (Frauen-)Abteilung in Görz verdeutlicht, die erst fünf Jahre nach Beginn des Experiments geöffnet wurde.[41] Trotz aller Schwierigkeiten ist es jedoch gelungen, den Beweis zu erbringen, dass „(…) selbst radikale Änderungen möglich sind, wenn man nur beginnt, sie in Angriff zu nehmen“[42]. Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg in Görz war sicherlich die biopsychosoziale Sichtweise auf das Phänomen „Behinderung“ bzw. „psychische Erkrankung“, die zu diesem Zeitpunkt ein Novum darstellte. Besonders deutlich kommt sie in den folgenden Zeilen zum Ausdruck:

„Der Geisteskranke ist vor allem deshalb ›krank‹, weil er ein Ausgeschlossener ist (…). Die mehr oder minder starke Regression (…) ist in unseren Augen nur das Ergebnis der Gewalttätigkeit, die in der Asylsituation (…) herrscht.“[43]

Um Missverständnissen vorzubeugen, ist an dieser Stelle zu betonen, dass Basaglia die Krankheit bzw. die Beeinträchtigung keineswegs negierte:

Wenn der Kranke tatsächlich die einzige Realität ist, mit der wir uns zu befassen haben, so müssen wir uns (…) mit beiden Gesichtern dieser Realität auseinandersetzen: 1. mit der Tatsache, daß wir einen kranken Menschen vor uns haben, der psychopathologische Probleme aufwirft (die dialektisch und nicht ideologisch zu verstehen sind), und 2. mit der Tatsache, daß wir einen Ausgeschlossenen, einen gesellschaftlich Geächteten vor uns haben.“[44]

Was das Verhältnis der beiden „Gesichter“ zueinander anbelangt, so war Basaglia der Auffassung, dass die Krankheit nicht das eigentliche Problem darstellt und eine völlig untergeordnete Rolle spielt.[45] Dementsprechend zielte sein Ansatz nicht darauf, die Patient_innen an sich zu behandeln, sondern gemeinsam mit ihnen die sozialen Verhältnisse, unter denen sie litten. Sind die be-hindernden und krankmachenden Bedingungen und Umstände erst einmal überwunden, wird sich zeigen, was von der „Krankheit“ bzw. „Behinderung“ noch übrig bleibt.[46] Insofern ist dem geschilderten Maßnahmenkatalog noch hinzuzufügen, dass die psychiatrische Diagnose, in der Basaglia eine folgenschwere ›Etikettierung‹[47] sah, ihre diskriminierende Bedeutung verlor. Was zählte, war nicht die Diagnose, sondern die einzigartige Person, die sich hinter ihr verbarg.

 

Ende des Experiments in Görz

Im Zuge der Studierendenbewegung, die die Aufmerksamkeit auf die menschenunwürdigen Zustände in den Anstalten lenkte, wurde Basaglia, der plötzlich in Radio- und Fernsehsendungen auftauchte, schlagartig berühmt. (Bild 3) Verwundert und mit Augenzwinkern musste er feststellen, dass er selbst zu einer „Institution“ geworden war.[48] Der 1968 von ihm herausgegebene Sammelband Die Negierte Institution oder die Gemeinschaft der Ausgeschlossenen. Ein Experiment der psychiatrischen Klinik in Görz, der reißenden Absatz fand und äußerst kontrovers diskuttiert wurde, trug maßgeblich dazu bei.[49] Die radikalen Ideen, die in Görz ihre praktische Umsetzung fanden, erhitzten die Gemüter und riefen die Vertreter_innen des psychiatrischen Establishments auf den Plan, die an grundlegenden Reformen nicht interessiert waren und sich um ihre Pfründe ernsthafte Sorgen machten. Zudem wetterte die neofaschistische Partei, die in Görz stark vertreten war, gegen das Experiment.[50]

Abb. 3

Ein ›Zwischenfall‹[51] kippte Wasser auf die Mühlen der Kritiker_innen und vergiftete das Klima. Bis zum Herbst 1968 gab es – obwohl die geschlossenen Stationen und Anstaltspforten geöffnet wurden – keine nennenswerten Vorkommnisse, die die Öffentlichkeit hätten aufhorchen lassen können. Dennoch fühlten sich diejenigen, die von Anfang an gegen das Experiment waren, bestätigt, als Giovanni (Alberto) Miklus bei einem Familienbesuch am 26. September 1968 seine Frau tötete. Miklus war ein ehemaliger Partisanenkämpfer, der nach einem Selbstmordversuch 1951 in die Anstalt gebracht und dort mehrfach mit Elektroschocks „therapiert“ wurde. Der Zwischenfall ereignete sich gerade auf dem Höhepunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und erschütterte das Verhältnis zwischen Basaglia, seinem Team und den Einwohner_innen von Görz nachhaltig.[52] Teile des Staatsapparates und der Medien wendeten sich ab und die neofaschistische Partei instrumentalisierte das Ereignis, indem sie eine gezielte Hetzkampagne startete. So wurde die Equipe, um nur ein Beispiel zu nennen, auf einem Plakat als „(…) small group of protesters and subversives who release murderers (…)“[53] verunglimpft. Jedenfalls stieg der öffentliche Druck und im Oktober 1968 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Basaglia und seinen Kollegen Antonio Slavich wegen fahrlässiger Tötung – obwohl Basaglia zum Zeitpunkt der Versammlung, auf der beschlossen wurde, Miklus nach Hause zu lassen, nachweislich in Deutschland bei einer Konferenz war. Daher verwundert es nicht, dass die Anklage gegen Basaglia im Mai 1971 fallengelassen wurde, bevor es zu einer Gerichtsverhandlung kam. Nach einer kurzen Verhandlung wurde schließlich auch Slavich im Februar 1972 freigesprochen. In einem Prozessgutachten hieß es, dass der Mord nicht antizipiert werden konnte und Miklus auf dem Weg der Besserung war.[54]

Bereits vor dem Zwischenfall hatte Basaglia mit dem Gedanken gespielt, Görz zu verlassen. In dieser Hinsicht gab es sowohl persönliche als auch politische Gründe.[55] Ausschlaggebende war wahrscheinlich die fehlende Unterstützung seitens der zuständigen Provinzverwaltung, die notwendig gewesen wäre, um den nächsten entscheidenden Schritt zu gehen und die Anstalt aufzulösen.[56] Der Aufbau einer therapeutischen Gemeinschaft war nämlich nicht das erstrebenswerte Endziel, sondern sollte lediglich eine Übergangsphase sein.[57] Bereits 1969 zogen Franca Ongaro Basaglia und die beiden Kinder zurück nach Venedig und auch Franco Basaglia verließ die Stadt, obgleich er bis zum offiziellen Ende des Experiments 1972 noch mit den Angelegenheiten vor Ort betraut blieb.[58] Trotz aller Widrigkeiten und Rückschläge fiel die Bilanz nach elf Jahren Widerstand im Allgemeinen positiv aus:

„Jenseits des symbolischen Wertes, den die praktische Demonstration, daß man ein Irrenhaus öffnen kann und daß die Internierten teilweise rehabilitiert werden konnten, gewiß gehabt haben mag, lag die Hauptbedeutung des Experiments darin, ein fundamentales gesellschaftliches Problem ans Licht der Öffentlichkeit gezogen zu haben.“[59]

 

Intermezzo in Colorno

Nach den Ereignissen in Görz nahm sich Basaglia zunächst eine Auszeit, die er für eine Studienreise nach Amerika nutzte, bevor er Ende 1970 Direktor der psychiatrischen Anstalt in Colorno in der Nähe von Parma wurde, wo er auch Vorlesungen an der Universität hielt.[60] In Colorno hatte sein Freund Mario Tommasini bereits einen Kurswechsel eingeleitet und mit einer spektakulären Protestaktion für Aufsehen gesorgt, als er in Kooperation mit der Studierendenbewegung eine Anstaltsbesetzung organisierte, die über 30 Tage andauerte. „Colorno wird unser Vietnam“, war auf einem Banner zu lesen. Mit Mario Tommasini teilte Basaglia nicht nur die Erfahrung, in faschistischer Gefangenschaft gewesen zu sein, sondern auch die Fassungslosigkeit angesichts der menschenunwürdigen Zustände in den Anstalten. Als Tommasini die überfüllte Anstalt in Colorno 1965 zum ersten Mal betrat, schlug es ihm derart auf den Magen, dass er sich übergeben musste. Für ihn war sie die „Hölle auf Erden“. Und ebenso wie Basaglia in Görz entschloss auch er sich dazu, Nein zu sagen und Widerstand zu leisten. Im Unterschied zur Equipe in Görz verfolgte Tommasini in Colorno jedoch eine primär nach außen gerichtete Strategie, die nicht darauf zielte, die ›Institution zu humanisieren‹[61] – und damit ihre Lebenszeit „künstlich“ zu verlängern –, sondern die Insass_innen konsequent in die Gesellschaft zu reintegrieren.

„In some ways, Parma became the opposite example to Gorizia. Most of the change that took place in Parma was outside of the asylum.“[62]

So waren bereits hunderte Insass_innen entlassen worden, bevor Basaglia seinen neuen Direktorposten antrat. Gewissermaßen setzte er sich ins „gemachte Nest“ und bewegte in den sechs Monaten, die er dort regelmäßig arbeitete, nicht allzu viel, was einige sogar dazu veranlasste, die Zeit in Colorno als „Misserfolg“ zu werten.[63]

Daher verwundert es nicht, dass Basaglia das verlockende Angebot annahm, Direktor des „Ospedale San Giovanni“ in Triest zu werden, das noch keine Reformen gesehen hatte. Unterbreitet wurde das Angebot von Michele Zanetti, dem damaligen Präsident der Provinzverwaltung, der ihm volle politische Unterstützung zusicherte.[64] „Ich kenne Ihre Ideen. Versuchen Sie, sie umzusetzen“[65], soll er gesagt haben.

 

Auflösung der Anstalt in Triest

Abb. 4

Abb. 5

In der riesigen Anstalt in Triest, zu der über zwanzig Gebäude zählten, lebten Anfang der 70er Jahre knapp 1200 Menschen und die Zustände glichen denen in Görz vor Beginn des Experiments.[66] (Bild 4 u. 5) Allerdings waren die Voraussetzungen für grundlegende Reformen in Triest wesentlicher günstiger als in Görz Anfang der 60er Jahre; nicht zuletzt deshalb, weil sich das politische Klima zwischenzeitlich gewandelt hatte.

„Als wir 1971 unsere Arbeit in Triest aufnahmen, knüpften wir an die Erfahrungen aus Görz an und verfolgten von Anfang an das Ziel, die Anstalt abzuschaffen und durch eine sehr viel lebendigere Organisation zu ersetzen (…).“[67]

Obgleich sich im Hinblick auf die Vorgehensweise zahlreiche Gemeinsamkeiten zwischen Görz und Triest konstatieren lassen, bestand der entscheidende Unterschied darin, dass sich der Fokus – beeinflusst von der Strategie in Colorno – vor allem auf die „Außenwelt“ richtete, um dezentrale Strukturen zu schaffen, die die Anstalt Stück für Stück überflüssig machten. „There was to be no ‘golden cage’ in Triest: the cage itself was being dismantled.“[68] Dies zeigte sich vor allem in der Gründung von Kooperativen, von Wohngemeinschaften und von sogenannte Gesundheitszentren (Centri d′lgiene Mentale), die eine gemeindenahe ambulante Versorgung in den Stadtteilen sicherstellten. (Bild 6 u. 7)

Abb. 6

Abb. 7

Das heißt, dass Menschen in psychischen Krisen die Unterstützung, die sie benötigten, wohnortnah in Anspruch nehmen konnten.[69] Darüber hinaus wurden kreative Kunstprojekte durchgeführt, die den Kampf gegen die gesellschaftliche Ausgrenzung von psychisch Kranken und behinderten Menschen in die Öffentlichkeit trugen.[70] Das Paradebeispiel in diesem Zusammenhang ist sicherlich das berühmte blaue Pferd, das zu einem ›Symbol der Freiheit‹[71] und zur „Blaupause“ der Blauen Karawane wurde, die in den 80er Jahren insbesondere in Deutschland Aufsehen erregte.[72] Viele kennen das Symbol, jedoch nicht die erzählenswerte Geschichte, die dahintersteckt: In der Anstalt in Triest gab es ein Pferd, das Marco hieß und die Wäsche transportierte. Marco, so scherzten einige ältere Insass_innen der Überlieferung nach voller Neid, sei der einzige, dem es gelingt, die Grenzen des Anstaltsgeländes zu überschreiten. Eines Tages sollte der alt und müde gewordene Marco, der einen gewissen Kultstatus genoss, geschlachtet werden, woraufhin ihm eine Petition von Insass_innen, Pfleger_innen und Ärzt_innen das Leben rettete. Anfang 1973 wurde die Geschichte von Marco im Rahmen eines Kunstprojektes aufgegriffen und es entstand ein überlebensgroßes blaues Pferd aus Pappmaché, das demonstrativ durch Triest gezogen wurde.[73] (Bild 8)

„Als das blaue Pferd das Getto verließ, folgten ihm Hunderte von Insassen in einer Prozession. Das Zeugnis von Armut und Elend des Hospitals eroberte die Straßen der Stadt: Hoffnung, mit anderen zusammensein zu können, in offenem gesellschaftlichen Austausch, in freien menschlichen Beziehungen.“[74]

Abb.8

Die Maßnahmen – oder besser gesagt – Interventionen ließen aus den Wünschen, die in Görz abstrakte Utopien blieben, Schritt für Schritt Wirklichkeit werden. Schließlich erreichte die Equipe in Triest das, was für viele undenkbar war: Die Patient_innenzahlen gingen sehr stark zurück und Basaglia konnte bei einer Pressekonferenz 1977 die weltweit erste Schließung einer psychiatrischen Anstalt aus moralischen und politischen Gründen verkünden.[75] So wurde der praktische und unhintergehbare Beweis erbracht, dass ein ›Ende der Veranstaltung‹[76] möglich ist. Heute gibt es die Anstalt nicht mehr und auf dem großflächigen Gelände findet sich unter anderem eine Schule, ein Theater und eine Bar.[77]

 

Basaglia und das Gesetz Nr. 180

Der Widerstand gegen die menschenunwürdige Verwahrpsychiatrie in Triest im Besonderen und in Italien im Allgemeinen – unter anderem in Arezzo und Perugia[78] – führte zu einer weiteren historischen Zäsur: Der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 180, das das völlig veraltete Unterbringungsgesetz von 1904 ersetzte und das wenig später in das allgemeine Gesundheitsreformgesetz integriert wurde.[79]

„Wir kamen schließlich an den Punkt, an dem aus unserer Aktion ein Gesetz wurde. Heute [1979] gibt es in Italien ein Gesetz, das den Bau von psychiatrischen Anstalten verbietet und die Schließung der noch existierenden für die Zukunft regelt.“[80]

Ausgehend von seinen Erfahrungen in Görz, Colorno und Triest zog es Basaglia verstärkt auf die große politische Bühne, da ihm klar war, dass tiefgreifende und landesweite Reformen dort beschlossen werden. Bereits 1973 wurde er zum Mitbegründer der Vereinigung Demokratische Psychiatrie, die in den traditionellen Anstalten eine verfassungsfeindliche Praxis sah und ihre landesweite Schließung forderte.[81] Das Gesetz Nr. 180, das 1978 verabschiedet wurde, erwies sich hierbei als entscheidender Hebel. Obgleich Basaglia persönlich am Gesetzgebungsprozess beteiligt war, ist es falsch, das Gesetz als „Basaglia-Gesetz“ zu bezeichnen, wie es im Volksmund häufig geschieht. Zum einen, weil Basaglia nur ein Akteur war – wenn auch ein wichtiger – und zum anderen, weil ihm das Gesetz, das lediglich einen Kompromiss darstellte, nicht weit genug ging.[82] Nichtsdestotrotz ist es als Meilenstein anzusehen, da es die Menschen in den Anstalten als gleichberechtigte Staatsbürger_innen mit Rechten und Pflichten anerkannte.[83] Nach der Verabschiedung mahnte Basaglia allerdings zur Besonnenheit. Die Versuche, das Gesetz zu sabotieren und auszuhöhlen waren zahlreich und massiv.[84] In einem Spiegel-Interview, das 1980 kurz vor seinem Tod geführt wurde, kommt seine Skepsis deutlich zum Ausdruck:

„SPIEGEL: Herr Professor Basaglia, in Deutschland kommt die Reform der Psychiatrie nicht voran, in Italien hingegen wurde 1978 ein revolutionäres Gesetz verabschiedet, das die Abschaffung der alten, oft an Konzentrationslager erinnernden Irrenhäuser verlangt …

BASAGLIA: … das klingt so, als ob bei uns in Italien schon alles bestens geregelt sei. Das stimmt aber nicht, es gibt noch viele Probleme.“[85]

1979 ging Basaglia schließlich nach Rom, um dort als Koordinator der psychiatrischen Dienste seinen Beitrag zur Umsetzung des Gesetzes zu leisten. Am 29.08.1980 starb er mit nur 56 Jahren an einem Gehirntumor.[86] Nach seinem Tod übernahm Franca Ongaro Basaglia seine Rolle im zermürbenden Kampf um die Umsetzung des Gesetzes und es sollte weitere zwanzig Jahre dauern, bis alle allgemein psychiatrischen Anstalten in Italien geschlossen wurden.[87] Freilich hinterließ Basaglia nicht nur in Italien seine Spuren, sondern auch in vielen Ländern weltweit.[88] Vor allem in Brasilien, wo er zahlreiche Vorträge hielt und seine Ideen breiten Widerhall fanden.[89] Aber auch in Deutschland – und das, obwohl das psychiatrische und sonderpädagogische Establishment eindringlich vor der ›italienische[n] Seuche‹[90] warnte, Basaglia (standesgemäß) ›revolutionäre[n] Wahn‹[91] attestierte und ihn mit dem Schelm Eulenspiegel verglich.[92] So stellt es sich für Georg Feuser so dar, dass „(…) die zentralen Anstöße zur Integration in der BRD weder aus den Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates noch aus dem Modell der skandinavischen Länder und dem dort favorisierten ›Normalisierungsprinzip‹ resultier[t]en, sondern aus der Bewegung der ›Demokratischen Psychiatrie‹ in Italien, wie sie von Franco BASAGLIA begründet wurde“[93].

 

Franco Basaglias Kampf um des Menschenrechte

Die Geschichte von Franco Basaglia ist eine Geschichte des Widerstands.[94] Zeit seines Lebens war er eine Stimme der ›Verdammten dieser Erde‹[95] und stets dazu bereit, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen.

„So wie man den Geisteskranken aus der Gesellschaft ausstößt, weil er ein sozialer Störfaktor ist, so versucht man auch diejenigen auszustoßen, die sich mit ihm solidarisieren und damit ebenfalls zum sozialen Störfaktor werden.“[96]

Bezeichnenderweise wurde Basaglia unzählige Male angezeigt und oft für „verrückt“ erklärt, aber glücklicherweise – wie er selbst mit Augenzwinkern bemerkte – „(…) nie ins Irrenhaus gesperrt“.[97] Ausgehend von seinen Erfahrungen in faschistischer Gefangenschaft und seinen politischen Überzeugungen ergriff er Partei für die Entrechteten, die in den Anstalten ihrer Würde beraubt wurden. Allen Widrigkeiten zum Trotz bewies er, dass ein humaner Umgang auf der Grundlage der Menschenrechte möglich und der viel zu oft gehörte Satz: „Wir können doch sowieso nichts ändern“ jeglicher Grundlage entbehrt. So besteht kein Zweifel, dass seine „(…) Sache nicht nur ein medizinischer Feldzug, sondern ein Kampf für die Menschenrechte“[98] war.

Da psychisch Kranke und behinderte Menschen bis in die Gegenwart hinein systematisch ausgegrenzt werden und die Forderungen der 2006 verabschiedeten UN-Behindertenrechtskonvention bei weitem noch nicht eingelöst sind, bleibt die Geschichte von Basaglia eine wertvolle Inspirationsquelle für all jene, die sich im Kampf um des Menschen Rechte befinden und an einer inklusiven Gesellschaft (ernsthaft) interessiert sind. Sie erinnert uns daran, dass wir eine Entscheidung zu treffen haben: für oder wider die Exklusion.

 

Literatur

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Abbildungsverzeichnis

  1. Bild: Venedig/Markusplatz (Gemeinfrei)
  2. Bild: Benito Mussolini (Gemeinfrei)
  3. Bild: Studierendenproteste (Gemeinfrei)
  4. Bild: Trieste 1910, Il frenocomio di Trieste appena aperto – San Giovanni – camerate (foto nr. 696)
  5. Bild: Strobl, Trieste 1910, Il frenocomio di Trieste appena aperto – San Giovanni – i padiglioni (foto nr. 572)
  6. Bild: Trieste 1984, Cooperativa Agricola Monte San Pantaleone – monte San Pantaleone – coltivazione Agricola ( foto nr. 2791)
  7. Bild: Depardon, Trieste 1979, Franco Basaglia visita un Gruppo appartamento (foto nr. 2344)
  8. Bild: Smith, Trieste 1973 marzo, Laboratorio “P” – il corteo di Marco cavallo: festa in piazza – Giuliano Scabia all’altoparlante (foto nr. 661)

 

Anmerkungen

[1]      Dieser Arbeit liegt der Widerstandsbegriff von Fritz Bauer zugrunde. Siehe dazu u. a.: Bauer 1965 u. Bauer 2018a.

[2]     Rohrmann 2011.

[3]     Basaglia 1980, S. 7.

[4]     Basaglia 1980a, S. 160.

[5]     Vgl. Foot 2015, S. 24ff.; Foot 2020, S. 4 u. S. 17.

[6]     Vgl. Basaglia 1980b, o. S.; Burns u. Foot 2020a, S. XIIIff.

[7]      Basaglia u. Ongaro Basaglia 1980.

[8]     Vgl. Basaglia 1974, S. 11; Basaglia 1980a, S. 159f.

[9]     Dörner 2002, o. S.

[10]    Vgl. Foot 2015, S. 7.

[11]     Bauer 2018.

[12]    In diesem Zusammenhang wird bewusst auf eine geschlechtergerechte Schreibweise verzichtet, um den patriarchalen Charakter der faschistischen und nationalsozialistischen Bewegung sprachlich nicht zu verschleiern.

[13]    Ebd., S. 7ff.; Foot 2020, S. 7ff.

[14]    Basaglia 2002, S. 75.

[15]    Vgl. ebd., S. 75f.; Foot 2015, S. 11ff.

[16]    Zur Rolle von Franca Ongaro Basaglia, auf die in diesem Rahmen nicht gesondert eingegangen werden kann, siehe vertiefend: Foot 2015, S. 68ff.

[17]     Es handelt sich um den Neurologen Giambattista Belloni (vgl. Foot 2015, S. 14).

[18]    Vgl. ebd.; Basaglia 2002, S. 156f.

[19]    Basaglia zit. n. Schmid 1978, S. 57.

[20]   Ebd., S. 43.

[21]    Jervis u. Schittar 1974, S. 159.

[22]   Goffman 1973.

[23]   Vgl. Basaglia 2002, S. 42; Vascon 1980.

[24]   Zit. n. Vascon 1980, S. 15.

[25]   Ebd.

[26]   Ebd., S. 16.

[27]    Basaglia 1980b, o. S.

[28]   Vgl. Pirella 1980, S. 208.

[29]   Basaglia 1980, S. 7.

[30]   Zit. n. Foot 2015, S. 65.

[31]    Vgl. Foot 2015, S. 17.

[32]   Basaglia 1980.

[33]   Hartung 2002, S. 9.

[34] Hartung (2002) verweist darauf, dass die häufig anzutreffende Übersetzung Freiheit heilt den Sinn verfehlt. Daher schlägt er vor, den Leitsatz mit Freiheit ist die Therapie zu übersetzen (vgl. S. 9).

[35]   Basaglia 1974, S. 25.

[36]   Basaglia 1974, S. 17.

[37]    Vgl. Basaglia 1974, S. 16; Basaglia 1980a, S. 144; Foot 2015, S. 22ff. u. S. 108ff. Zur therapeutischen Gemeinschaft siehe: Jervis 1978, S. 136f. und zu den Unterschieden zwischen dem Ansatz von Maxwell Jones in Dingleton und dem Ansatz von Basaglia und der Equipe in Görz siehe: Vascon 1980, S. 110f.

[38]   Foot ebd., S. 122ff.

[39]   Basaglia 2002, S. 44.

[40]   Foot 2015, S. 124.

[41]    Vgl. Slavich 1980, S. 191; Jervis Comba 1980, S. 272f.

[42]   Basaglia 1974, S. 23.

[43]   Basaglia zit. n. Vascon 1980, S. 29.

[44]  Ebd.

[45]   Vgl. ebd., S. 131.

[46]   Vgl. ebd., S. 138.

[47]    Basaglia zit. n. Vascon 1980, S. 28.

[48]   Vgl. Foot 2015, S. 274.

[49]   Zur Entstehung des Sammelbandes und seiner Wirkung siehe: Foot 2015, S. 171ff.

[50]   Bei Foot (2015) heißt es: „Gorizia was a place of plots, right-wing conspiracies and political violence“ (S. 217).

[51]    Ongaro Basaglia u. Basaglia (1980).

[52]   Vgl. Foot 2015, S. 200ff.

[53]   Zit. n. Foot 2015, S. 200.

[54]   Vgl. ebd., S. 209ff.

[55]   Für Guelfi waren letztere ausschlaggebend (vgl. Schlesak 1975, S. 82).

[56]   Vgl. Foot 2015, S. 228ff.

[57]    Vgl. Basaglia 1974, S. 16.

[58]   Vgl. Foot 2015, S. 70. Zur Entwicklung nach dem Ende des Experiments siehe: ebd., S. 314ff.

[59]   Ongaro Basaglia u. Basaglia 1980, S. 27.

[60]   Vgl. Foot 2015, S. 274f.

[61]    Basaglia 2002, S. 111.

[62]   Foot 2015, S. 264.

[63]   Vgl. Foot 2015, S. 264ff.; Foot 2020, S. 5.

[64]   Vgl. Foot 2015, S. 279.

[65]   Zit. n. Abram 1981, S. 216.

[66]   Vgl. ebd., S. 279f. u. S. 343f.

[67]    Basaglia 2002, S. 43f.

[68]   Foot 2015, S. 279.

[69]   Vgl. Basaglia 2002, S. 124f.; Zehentbauer u. a. 1999, S. 167ff.

[70]    Vgl. Foot 2015, S. 354.

[71]     Basaglia 1979, S. 7.

[72]    Vgl. Blaue Karawane 2020, o. S.

[73]    Vgl. Donnelly 1992, S. 67; Scabia 1979, S. 31.

[74]    Basaglia 1979, S. 7f.

[75]    Vgl. Foot 2015, S. 338f. Dort heißt es zur Schließung „It did not quite happen that quickly, but the hospital stopped accepting patients in 1980“ (S. 339).

[76]    Dörner 2015.

[77]    Vgl. Foot 2015, S. 339.

[78]    Zu den Reformbemühungen an Orten, an denen Basaglia nicht unmittelbar wirkte, siehe: Foot 2015, S. 233ff.

[79]   Vgl. ebd., S. 371ff.

[80]   Basaglia 2002, S. 47.

[81]    Vgl. Minguzzi u.a. 1973; Zehentbauer 1999, S. 102ff.

[82]   Vgl. Foot 2015, S. 383; Foot 2020, S. XIII.

[83]   Vgl. Foot 2015, S. 379.

[84]   Vgl. Basaglia 2002, S. 91; Hartung 2002, S. 21.

[85]   Basaglia 1980b, o. S.

[86]   Vgl. Foot 2015, S. 384.

[87]    Vgl. Foot 2015, S. 51 u. S. 385. Zudem wurden 2015 die forensischen Psychiatrien geschlossen. Siehe dazu: Traverso u. Traverso 2017. Die Erfolge dürfen freilich nicht über die Schwierigkeiten hinwegtäuschen, auf die Schott u. Tölle (2006) aufmerksam machen (vgl. S. 309ff.). Darüber hinaus zeichnet sich laut des Committee on the Rights of Persons with Disabilities (2016) gegenwärtig ein ›trend to re-institutionalize‹ (S. 6) in Italien ab.

[88]   Zur internationalen Basaglia-Rezeption, auf die hier nicht im Detail eingegangen werden kann, siehe: Burns u. Foot 2020. Zur Basaglia-Rezeption in Deutschland im Besonderen siehe: Marazia u. a. 2020.

[89]   Siehe dazu: Basaglia 2002.

[90]   Prändl 1981, S. 804.

[91]    Heinrich 1980, S.  1013.

[92]   Vgl. ebd.

[93]   Feuser 1998, o. S.

[94]   Basaglias Widerstand im Feld der Psychiatrie zeichnete sich im Wesentlichen durch sechs Momente aus: 1. Das Neinsagen zum Unrecht und die Negation der institutioneller Gewalt, 2. Die Infragestellung der eigenen Rolle und die Ablehnung des gesellschaftlichen Mandats, 3. Die Initiierung von kollektiven Bewusstwerdungsprozessen und die Wiedergewinnung der Geschichte, 4. Die Befreiung aller Gemeinschaftsmitglieder und der Aufbau alternativer Strukturen, 5. Die Enthierarchisierung und die Demokratisierung der Institution und 6. Die Verlagerung des Widerspruchs und der Kampf gegen eine ausgrenzende Gesellschaft (vgl. Schuster 2020, S. 30-33).

[95]   Fanon 1981.

[96]   Basaglia zit. n. Zehentbauer 1999, S. 173.

[97]    Basaglia 1980b.

[98]   Basaglia 1980b, o. S.

 

Autor: Stefan Schuster, MA (Hamburg)
Kontakt: info@fritz-bauer-bibliothek.de

Zitat: Stefan Schuster, “Franco Basaglia / 1924-1980. Im Kampf um des Menschen Rechte”, in: Fritz Bauer Bibliothek (Menschenrechtskämpfer_innen), 2021, URL: https://www.fritz-bauer-forum.de/datenbank/franco-basaglia-2/

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