"Auf, Frauen, rührt euch!"

Qiu Jin

"Kaum eine Frau der späten chinesischen Kaiserzeit hinterließ solch einen Eindruck in der Geschichte ihres Landes."

Sabine Hieronymus
* 8. November 1875 in Xiamen, China
† 17. Juli 1907 in Shaoxing, China
Staatsangehörigkeit bei Geburt: China
Staatsangehörigkeit bei Tod: China
Vater

Qiu Shounan

† 1901
Mutter

Qiu Dantai

Partner

Wang Tingjun

Kind

Wang Yuande

* 1897 Xiangtang
† 1955
Kind

Wang Guifen

† 1901 Xiangtang
Bereich Art Von Bis Ort
Schule Privatunterricht Xiamen, Shaoxing
Schule Universität 1905 1906 Tokio
Beruf Revolutionärin
Beruf Lehrerin

Gesellschaft für das Studium der politischen Rede

Ort: Tokio
Eintrittsgrund: Beitrag zur politischen Bildung
Funktion / Tätigkeit: Mitbegründerin Veröffentlichung von Artikel in der umgangsprachlichen Zeitung "Bai hua"

Vereinigung Chinesischer Studierender

Ort: Tokio
Eintrittsgrund: Hilfe für Studierende. Die "Vereinigung Chinesischer Studierender" war eine Art Selbsthilfeorganisation für chinesische Studierende in Japan
Funktion / Tätigkeit: Qiu Jin war sowohl in der Untergruppe der Provinz Zhejiang als auch in der Untergruppe der Provinz Hunan aktiv

Gruppe der Zehn

Ort: Tokio
Eintrittsgrund: Stürz der Qing-Dynastie & Befreiung der Frau. Die "Gruppe der Zehn" war ein revolutionärer Geheimbund
Funktion / Tätigkeit: Mitbegründerin

Triade von Yokohama

Ort: Yokohama
Eintrittsgrund: Sturz der Qing-Dynastie & Befreiung der Frau. Die Sektion "Triade" war eine Geheimgesellschaft. Die Mitglieder waren überwiegend revolutionäre Studierende
Funktion / Tätigkeit: Mitglied

Gonghai hui

Ort: Tokio
Eintrittsgrund: Widerstand gegen die Qing-Dynastie und Stärkung der Rolle von Frauen im revolutionären Kampf. Die "Gonghai hui" war eine Vereinigung ausschließlich für chinesische Frauen
Funktion / Tätigkeit: Qiu Jin belebte die Vereinigung zusammen mit Chen Xiefen

Guangfu hui

Ort: Tokio
Eintrittsgrund: Sturz der Qing-Dynastie & Befreiung der Frau. Die revolutionäre "Guangfu hui" (Gesellschaft für die Rückkehr des Lichts) wurde von Cai Yuanpei gegründet
Funktion / Tätigkeit: Mitglied Organisation und Durchführung von Aufständen

Tongmeng hui

Ort: Tokio
Eintrittsgrund: Sturz der Qing-Dynastie & Befreiung der Frau. Die "Tongmeng hui" (Gesellschaft der revolutionären Allianz) wurde unter anderem von Sun Yat-Sen gegründet
Funktion / Tätigkeit: Mitglied Organisation und Durchführung von Aufständen

Leitmotiv

Der Widerstand von Qiu Jin, die als erste Feministin Chinas gilt, richtete sich einerseits gegen das chinesische Patriarchat und andererseits gegen die Fremdherrschaft der Mandschu und der imperialistischen Großmächte. Unermüdlich kämpfte sie für die Rechte der Frau und die Demokratisierung Chinas. „Nüquan“ (Frauenrechte) und „minquan“ (Bürgerrechte) bildeten für sie eine unlösbare Einheit, die es zu erstreiten galt.

Wie wurde die Geschichte bekannt?

Die Geschichte von Qiu Jin wurde nach ihrer Hinrichtung, die in der Öffentlichkeit für Empörung sorgte, bekannt.

Wann wurde die Geschichte bekannt?

1907

Wo wurde die Geschichte bekannt?

Nach dem Ausruf der Republik China 1912 wurde die Geschichte im ganzen Land bekannt.

Durch wen wurde die Geschichte bekannt?

Unter anderem durch den ersten Präsidenten der Republik China, Sun Yat-Sen, der Qiu Jin für ihre Verdienste würdigte.

Literatur (Literatur, Filme, Webseiten etc.)

De Shazar, Marie-Laure (2016): Chinese Joan Of Arc. Qiu Jin – China’s First Femi-nist. (o. O.): deShazer publishing books.

Dooling, Amy & Torgeson, Kristina (1998): Writing Women in Modern China. An An-thology of Women’s Literature from the early twentieth Century. New York: Columbia University Press.

Dooling, Amy (2005): Women’s Literary Feminism in Twentieth-Century China. New York: palgrave macmillan.

Hieronymus, Sabine (2001): Qiu Jin (1875-1907): Eine Heldin für die Revolution, in: Übelhör, Monika (Hrsg.): Zwischen Tradition und Revolution. Lebensentwürfe chinesischer Frauen an der Schwelle zur Moderne. Marburg: Universitätsbibliothek. S. 86-104.

Hu, Ying (2004): Writing Qiu Jin’s Life: Wu Zhiying and her Family Learning, in: Late Imperial China, Vol. 25, No. 2, p. 119-160.

Rankin, Backus Mary (1975): The Emergence of Women at the End of the Ch’ing: The Case of Ch’iu Chin. in: Wolf, Margery and Witke, Roxane: Women in Chinese So-ciety. California: Stanford University Press.

Zinda, Yvonne Schulz (2010): Die Revolutionärin Qiu Jin 秋瑾 (1875-1907): der Stoff, aus dem die Heldin ist, in: Oranskaia, Tatiana & Schuler, Barbara (Hrsg.): Göttinnen, Heldinnen und Herrscherinnen in Asien und Afrika. Frankfurt am Main u. a. Peter Lang Verlag. S. 61-79.

Eigene Werke

Qiu Jin (1977): Die Steine des Vogels Jingwei, in: Gipoulon, Catherine: Frau und Revolutionärin im China des 19. Jhs. München: Verlag Frauenoffensive, S. 19-111.

Ausgehend von den negativen Erfahrungen, die Qiu Jin als Frau in einer von Männern beherrschten Welt tagein tagaus machen musste, ermöglichte es ihr die Bildung, ihre eigene und die Situation von Frauen in China im Allgemeinen zu begreifen. Im Gegensatz zur konfuzianischen Tradition kam sie zu der Einsicht, dass Männer und Frauen von Natur aus gleich sind und eine Ordnung, die diesem Sachverhalt widerspricht, revolutioniert werden muss. Die Bildung öffnete ihr die Augen für die Unterdrückung und führte zu einer festen politischen Überzeugung, die sie in ihrem Kampf gegen Patriarchat und Fremdherrschaft bestärkte. Bestärkt wurde sie außerdem durch die Solidarität, die sie in den politischen Organisationen erfuhr, und durch die zahlreichen Vorbilder, die ihr einen Kompass zur Orientierung gaben. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem die tapferen Frauen, die ihr in der Literatur begegneten, und ihr widerständiger Großvater.
  • Persönlichkeit
  • Familiäres Umfeld
  • Politische Einstellung
  • Bildung
  • Solidarität
  • Andere

EINLEITUNG

Der Widerstand von Qiu Jin, die als erste Feministin Chinas gilt, richtete sich einerseits gegen das chinesische Patriarchat und andererseits gegen die Fremdherrschaft der Mandschu und der imperialistischen Großmächte. Unermüdlich kämpfte sie für die Rechte der Frau und die Demokratisierung Chinas. „Nüquan“ (Frauenrechte) und „minquan“ (Bürgerrechte) bildeten für sie eine unlösbare Einheit, die es zu erstreiten galt.

DIE GESCHICHTE

Qiu Jin im Kampf um die Frauenrechte

秋瑾為女性爭取權利

 

Die Geschichte von Qiu Jin, die als die erste Feministin Chinas gilt, spielt in einer Zeit, die der Historiker Eric Hobsbawm als „imperiales Zeitalter“ bezeichnete und zwischen 1875 und 1914 datierte. Ihr Widerstand richtete sich einerseits gegen das chinesische Patriarchat und andererseits gegen die Fremdherrschaft der Mandschu und der imperialistischen Großmächte. Unermüdlich kämpfte sie für die Rechte der Frau und die Demokratisierung von China. „Nüquan“ (Frauenrechte) und „minquan“ (Bürgerrechte) bildeten für sie eine unlösbare Einheit, die es zu erstreiten galt. In der Überzeugung, dass Männer und Frauen von Natur aus gleich sind, begehrte Qiu Jin gegen die traditionelle Rolle auf, die der Konfuzianismus den (Ehe-)Frauen in der Gesellschaft zuwies. Indem sie Männerkleidung trug und im „Herrensitz“ durch die Stadt ritt, stellte sie das tradierte Frauenbild auf den Kopf und sorgte in der Bevölkerung für Unverständnis und Empörung.

Nach ihrem erfolgreichen Ausbruch aus dem Ehekäfig, der einer „privaten Revolution“ gleichkam, fasste sie die gesamtgesellschaftliche Revolution ins Auge und bezahlte ihr Engagement mit dem Leben. Obgleich sie ihre politischen Ziele nicht erreichen konnte, wurde sie zu einer entscheidenden Impulsgeberin und Wegbereiterin für die chinesische Frauenbewegung.

Frühe Kindheit und Sozialisation

Abb. 1 Xiamen

Qiu Jin erblickte am 8. November 1875 in der chinesischen Küstenstadt Xiamen (veraltet Amoy) in der Provinz Fujian das Licht der Welt. Sie wurde als Qiu Guijin in eine angesehene Beamtenfamilie hineingeboren und wuchs gemeinsam mit ihren beiden Brüdern und einer jüngeren Schwester in gutsituierten Verhältnissen auf. Ihr Vater und Großvater waren Beamte und ihre Mutter eine gebildete Frau, die sich für die Dichtkunst interessierte. Ursprünglich stammte die Familie aus Shaoxing in der Provinz Zhejiang, sie war jedoch dem Großvater gefolgt, der in Xiamen den Posten als Stadtpräfekt bekleidete.

Abb. 2: Xiamen

Zu dieser Zeit gab es in China noch keine allgemeine Schulpflicht und Bildung blieb überwiegend den Söhnen von wohlhabenden Familien vorbehalten – nicht zuletzt deshalb, weil die Unwissenheit von Frauen in breiten Bevölkerungskreisen als eine Tugend angesehen wurde. Dennoch erhielt Qiu Guijin eine traditionelle chinesische Erziehung und nahm am Privatunterricht ihres älteren Bruders teil, was für Mädchen in ihrer sozialen Stellung nicht unüblich war. Bereits als Jugendliche schrieb sie Gedichte und begeisterte sich für die Biografien von heldenhaften Frauen, die in der chinesischen Geschichte bleibende Spuren hinterließen. Besonders beeindruckt war sie von Qin Liangyu (?-1648), die als Frau die Ämter ihres Mannes ausführte, und Shen Yunying (1624-1661), die nach dem Tod ihres Vaters das militärische Kommando übernahm und eine Garnisonsstadt gegen die Rebellen verteidigte.

Abb. 3: Shen Yunying (1624-1661)

Ihre tiefe Bewunderung für Qin Liangyu und Shen Yunying brachte sie in den Versen eines Gedichtes zum Ausdruck:

Gleichgesinnt nahmen die beiden die schwere Bürde der Staatsangelegenheiten auf ihre Schultern, wie viele Männer mussten vor ihnen die Häupter senken!Die fleischfressenden Hofbeamten leben müßig, und loyal das Land zu retten, obliegt den roten Wangen (Qiu zit. n. Hieronymus).

Ferner schrieb sie:

Durch diese beiden außergewöhnlichen Gestalten habe ich erfahren, daß das Heldentum nicht notwendig eine Angelegenheit der Männer ist (Qiu zit. n. Gipoulon).

Abb. 4: Hua Mulan

Abb. 5: Hua Mulan

Zu den beiden kämpferischen Frauen gesellte sich die legendäre Hua Mulan, die sich im 5. Jhd. n. u. Z. als Mann verkleidet haben soll, um anstelle ihres Vaters in den Krieg gegen die Tataren zu ziehen. Darüber hinaus fühlte sie sich nicht nur zu Heldinnen, sondern auch zu Helden hingezogen, die mutig gegen einfallende Völker kämpften. Im Rückblick kann die Bedeutung und der Einfluss dieser Vorbilder kaum überschätzt werden, da sie Qiu Guijin inspirierten und ihr eine Orientierungsgrundlage für ihr späteres Handeln gaben.

Integraler Bestandteil ihrer Erziehung und Bildung waren nicht nur klassische literarische Werke, sondern auch philosophische, geografische und historische. So soll sie sich schon in jungen Jahren mit der Französischen Revolution beschäftigt haben. Jedenfalls war sie eine lernbegierige Schülerin und entwickelte früh ein (politisches) Bewusstsein für den Ernst der Lage im Kaiserreich.

China – ein Kaiserreich im Niedergang

Abb. 6: Mandschu-Frisur

Abb. 7: Barber-Shop

Qiu Guijin wuchs in einem Reich auf, das seit Jahrhunderten von der Qing-Dynastie beherrscht wurde. Die Qing gehörten zur ethnischen Gruppe der Mandschu, denen es ausgehend von der nordöstlich gelegenen Mandschurei im 17. Jhd. gelungen war, China zu erobern. Die mandschurische Qing-Dynastie war neben der mongolischen Yuan-Dynastie (1279-1368) die zweite Dynastie in der Geschichte Chinas, die nicht von Han-Chines*innen begründet wurde. Dies führte immer wieder zu ethnischen Konflikten, da viele Han-Chines*innen, die die Bevölkerungsmehrheit im chinesischen Kernland stellten, die Mandschu als fremde Herrscher wahrnahmen und mitunter erbitterten Widerstand leisteten. Für Spannungen sorgte insbesondere die von den Mandschu verordnete Einheitsfrisur für Männer, die als Zeichen der Unterwerfung einen Zopf tragen mussten. Diejenigen, die sich der symbolischen Gewalt widersetzten, mussten mit dem Schlimmsten rechnen und standen vor der Entscheidung: „Schopf oder Kopf“ (Vogelsang).

Nach der Machtergreifung der Qing erlebte das Kaiserreich zunächst einen Aufschwung, der bis ins 19. Jahrhundert andauerte. Danach verschlechterte sich die politische, wirtschaftliche und sozialen Situation rapide und das Reich, das der berühmte Philosoph Immanuel Kant einst als das kultivierteste der Welt bezeichnet hatte, wurde von zahlreichen inneren und äußeren Konflikten gebeutelt. Exemplarisch hierfür stehen die beiden Opiumkriege (1840-1842 & 1856-1860), der Chinesisch-Französische Krieg (1884-1885) und der Taiping-Aufstand (1850-1864).[1] (Abb. 8, 9, 10, 11 und 12)

Kaiserreich im Krieg I

Abb. 8: 1. Opiumkrieg

Abb. 9: 2. Opiumkrieg

Abb. 10: Franz. Soldaten im 2. Opiumkrieg

 

 

 

 

 

 

 

Kaiserreich im Krieg II

Abb. 11: Chinesisch-Französischer Krieg

Abb. 12: Taiping-Aufstand

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 13: Rassistische Karikatur 1898

Hinzu kamen verheerende Hungersnöte und Naturkatastrophen. All diese Probleme und Konflikte ließen die Macht der Qing schwinden und den Einfluss der imperialistischen Großmächte steigen, die in kolonialistischer Manier um das größte Stück des Kuchens buhlten.

So wurde Xiamen, die Geburtsstadt von Qiu Guijin, nach dem ersten Opiumkrieg 1842 zu einem britischen Vertragshafen. 1885 gab es dort christliche Missionsstationen und vier britische Fabriken. Das stolze Kaiserreich wurde peu à peu zum Spielball imperialistischer Interessen und die Familie Qiu bekam die Macht der neuen Besatzer direkt zu spüren.

Qiu Guijins Großvater als Vorbild

Folgen wir den Ausführungen von Gipoulon, dann wurde Qiu Guijin stark von ihrem Großvater beeinflusst, der ihr die Welt außerhalb des Hauses öffnete. Dieser stand als Präfekt von Xiamen in regem Austausch mit den britischen Besatzern, die sich ihm gegenüber harsch und respektlos verhielten. Sie behandelten ihn wie einen Menschen zweiter Klasse und spielten sich wie Kolonialherren auf. Qiu Guijins Großvater, ein ehrenhafter Mann, reagierte empört und leistete vor den Augen seiner Enkeltochter Widerstand gegen die würdelose Behandlung. Bei Xu Shuangyun heißt es:

Als kleines Mädchen erlebt Qiu Jin oft mit, wie englische Missionare wiederholt voller Überheblichkeit ins Büro ihres Großvaters stürmen. Sie äußerten unüberlegte Anliegen und demütigten den alten Mann. Der Zorn und die Entrüstung des Großvaters ließen in Qiu Jins Herzen eine revolutionäre Gesinnung keimen (zit. n. Gipoulon).

Wahrscheinlich war es der Großvater, der ihr zum ersten Mal praktisch aufzeigte, dass Widerstand gegen die Fremdherrschaft eine legitime Handlungsoption darstellt. 1890 verließ er schließlich Xiamen, woraufhin die gesamte Familie nach Shaoxing zog. Zuvor hatte er aus Protest sein Amt niedergelegt, weil er die ständigen Demütigungen nicht mehr ertragen konnte.

Körperliche Ertüchtigung in Shaoxing

Kurz nach dem Umzug der Familie nach Shaoxing kam es zwischen Mai und September 1891 im Yangtse-Tal zu Aufständen, die als Vorläufer des sog. Boxeraufstands angesehen werden können. Sie richteten sich in erster Linie gegen die Missionsstationen und die ausländischen Missionare, die versuchten, den Chines*innen das Christentum aufzuzwingen. Als die Unruhen nach einiger Zeit wieder abflauten, erklärte sich die chinesische Regierung unter dem Druck der westlichen Mächte dazu bereit, Reparationen an die Missionen zu zahlen. Viele Chines*innen empfanden dies als (Hoch-)Verrat und wendeten sich von der Qing-Dynastie ab. Besonders ausgeprägt war die regierungsfeindliche Stimmung in der Provinz Zhejiang, wo sich die Familie von Qiu Guijin niederließ. Daher ist anzunehmen, dass Qiu Guijin in dieser Zeit verstärkt mit widerständigem Denken und Handeln in Kontakt kam. Zudem öffneten sich in Shaoxing neue Türen, da sie fortan nicht nur ihre geistigen Fähig- und Fertigkeiten, sondern auch ihre körperlichen trainieren durfte. Sie erhielt von ihrem Onkel und ihrem Cousin Unterricht in unterschiedlichen Kampfkünsten und machte sich mit dem Schwert- und Stockkampf vertraut. Darüber hinaus lernte sie mit großer Begeisterung das Reiten.

Die Vermutung liegt nahe, dass die sportliche Erziehung von Qiu Guijin nur möglich war, weil ihre Mutter auf die strikte Einhaltung einer grauenhaften Tradition verzichtete.[2]

Das Bandagieren der Füße

Zum diesem Zeitpunkt war es in China seit Jahrhunderten Brauch, die Füße von jungen Mädchen ab dem fünften Lebensjahr zu bandagieren. Bandagieren bedeutete, dass die kleinen Zehen gebrochen und mit Hilfe einer meterlangen Bandage unter die Fußsohle gequetscht wurden. Im Verlauf der Zeit wurde die Bandage enger und enger gewickelt bis Mittelfußknochen und Fußwurzelknochen in einem spitzen Winkel zueinander standen. Ziel dieser schmerzhaften Tortur, die sich über zehn bis fünfzehn Jahre hinziehen konnte, waren möglichst kleine, schmale und spitze Füße, die als Schönheitsideal galten und insbesondere auf Männer eine sexuelle Anziehungskraft ausstrahlten. Die Ideallänge für sogenannte Lotusfüße lag bei etwa zehn Zentimetern, was der Schuhgröße siebzehn in Deutschland entspricht. Für die betroffenen Mädchen und Frauen hatte diese Verstümmelungspraxis verheerende Auswirkungen. Sie konnten sich kaum noch selbständig bewegen und waren nicht mehr dazu in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Abgesehen davon hatten sie mit zahlreichen gesundheitlichen Nebenwirkungen zu kämpfen.

Abb. 14: Röntgenbild bandagierter Füße

Abb. 15: junge Frau mit Spezialschuhen

Abb. 16: junge Frau ohne Bandagen

Insbesondere die Mütter legten großen Wert auf die Einhaltung der Tradition, da der Heiratswert der Töchter von der Größe ihrer Füße abhing. Umso kleiner die Füße, umso höher der Brautpreis, der erzielt werden konnte. Dementsprechend hoch war der familiäre Druck, der auf den Müttern lastete und der sie unerbittlich gegenüber den Schmerzen werden ließ:Dem Brauch kam die soziale Funktion zu, die Unterordnung und Abhängigkeit von Frauen sicherzustellen und die männliche Herrschaft zu zementieren. Des Weiteren waren die bandagierten Füße ein Statussymbol, das von den oberen Klassen genutzt wurde, um sich von den unteren abzugrenzen. Familien, die ihr Dasein am Sockel der Gesellschaftspyramide fristeten, konnten es sich schlichtweg nicht leisten, eine wertvolle Arbeitskraft durch Verstümmelung zu verlieren.

Traditionelle Verheiratung von Qiu Guijin

Zwischen 1895 und 1896 wurde Qiu Guijins Vater in die Provinz Hunan berufen, woraufhin die Familie Shaoxing verließ und in das etwa 900 Kilometer entfernte Xiangtang zog. Traditionsgemäß wählten Qiu Guijins Eltern dort einen Mann für sie aus und verheirateten sie 1896 im Alter von 21 Jahren. Verheiratet zu werden hieß zur damaligen Zeit, dass die beiden Familienoberhäupter, also die Väter, nach einem festgesetzten Prozedere einen Ehevertrag schlossen. Die künftigen Eheleute hatten dabei kein Mitspracherecht und mussten sich fügen. Genau genommen war es sogar so, dass die Familie des Bräutigams mit dem Ehevertrag ein Eigentumsrecht an der Braut erwarb. Die Braut also – im wahrsten Sinne des Wortes – in den Besitz der Familie des Bräutigams überging. Dementsprechend verließ sie nach der Hochzeit ihre eigene Familie und lebte fortan im Familienhaus des Bräutigams, wo sie ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter zu dienen hatte. Im Gegensatz zur Ehefrau genoss der Ehemann zahlreiche Privilegien. So war es beispielsweise den Männern vorbehalten, Nebenfrauen und Konkubinen zu haben. Ferner hatten die Ehemänner das Recht, ihre Ehefrauen zu verlassen. Die Ehefrauen hingegen mussten ihren Ehemännern lebenslänglich treu bleiben. Genau diese Ehepraxis war es, die Qiu Guijin in ihrem später verfassten Roman anprangerte:

Meine Schwestern! In dieser Welt herrscht eine grenzenlose Ungerechtigkeit! (…) Wenn wir erst einmal verheiratet sind, sind wir uns selbst überlassen, man kann uns nach Lust und Laune misshandeln, niemand regt sich darüber auf, und wenn Streitereien im Hause herrschen, so wird niemand sagen, daß das daher kommt, daß wir füreinander ausgewählt wurden, obwohl wir nicht zusammenpassen, sondern man wird sagen, das sei nun einmal unser Schicksal, und wir müssten es hinnehmen. (…) Wir müssen unserem Herrn gehorchen, als wären wir auf Lebenszeit verkaufte Sklaven (Qiu Jin).

Diese Zeilen schrieb Qiu Guijin auf der Basis ihrer persönlichen Erfahrungen, die sie mit einem Ehemann machen musste, der so gar nicht zu ihr passte.

Wang Tingjun stammte aus einer sehr konservativen Familie und war der Sohn eines wohlhabenden Kaufmannes. Qiu Guijin beschrieb ihn als neureich, gewissenlos und ungebildet. Der unglücklichen Ehe zum Trotz bekam sie 1897, wie es von ihr erwartet wurde, einen Sohn, Wang Yuande. 1901 folgte dem Sohn eine Tochter, die den Namen Wang Guifen erhielt. Im selben Jahr starb der Vater von Qiu Guijin, woraufhin die Mutter, ihre Brüder und ihre Schwester in finanzielle Not gerieten. Da die Familie ihres Ehemannes jegliche Unterstützung verweigerte, waren sie dazu gezwungen, zurück nach Shaoxing zu gehen.

Abgesehen vom Tod des Vaters und der Kaltherzigkeit der Familie ihres Ehemannes machte Qiu Guijin vor allem ihre Rolle als unterwürfige Ehefrau zu schaffen, mit der sie sich nicht abfinden konnte. Sie fühlte sich wie eine Gefangene im (Ehe-)Käfig und spielte sogar mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen. Der Umzug nach Peking kam gerade zur rechten Zeit.

Auf- und Ausbruch von Qiu Guiji

Abb. 17: Peking 1898

Abb. 18: Chinesisch-Japanischer Krieg

Nach der Jahrhundertwende erwarb Qiu Guijins Ehemann einen Posten im Finanz- und Steuerministerium von Peking, woraufhin sie Xiangtang 1903 verließen.

Zwischenzeitlich hatte sich die Abwärtsspirale unaufhaltsam weiter gedreht und das chinesische Kaiserreich versank im Chaos. Dem Chinesisch-Französischen Krieg (1884-1885) folgte der Chinesisch-Japanische Krieg (1894-1895), der mit einer schallenden und demütigenden Niederlage für China endete.

In Anbetracht des Ausverkaufs des Landes und einer zum Zerreißen gespannten Atmosphäre leitete der junge Kaiser Guangxu (1875-1908) zahlreiche Reformen ein, die in Richtung einer konstitutionellen Monarchie wiesen. Die Maßnahmen riefen alsbald konservative Kräfte auf den

Abb. 19: Kaiser Guangxu (1875-1908)

Plan, die um ihre Privilegien fürchteten und sich um die Kaiserinnenwitwe Cixi sammelten. Diese setzte kurzerhand ihren Neffen, den amtierenden Kaiser, unter Hausarrest und beendete die sogenannte Hundert-Tage-Reform.[3] Die bis dato durchgeführten und angestoßenen Reformen wurden widerrufen und die führenden Köpfe der Reformbewegung hingerichtet.

Xu Shuangyun zufolge wurde Qiu Guijin insbesondere von dem Reformer Tan Sitong beeinflusst, der es ablehnte, zu fliehen und als Märtyrer der Bewegung in die Geschichte einging. Vor seiner Exekution erklärte er:

Abb. 20: Kaiserinnenwitwe Cixi

Tan Sitong

„In allen anderen Ländern hat keine Reform je ohne Blutvergießen Erfolg gehabt. In China hat noch niemand sein Blut vergossen, ich werde der Erste sein“ (zit. n. Gipoulon).

Nach dem Scheitern der Hundert-Tage-Reform war für viele klar, dass Reformen nicht ausreichen und es einer Revolution bedarf, um sich von den feudalen Fesseln zu befreien. Die ungelösten Probleme des Landes in Kombination mit einer grassierenden Hungersnot ließen die soziale Spannungen weiter steigen und führten kurze Zeit später zum sogenannten Boxeraufstand (1900), der sich zu Beginn sowohl gegen die Qing-Herrschaft als auch gegen die ausländischen Mächte richtete. Später schlugen sich die Qing auf die Seite der Rebellen und ließen sie in Peking einmarschieren, wo sie das Diplomatenviertel angriffen, in dem viele wohlhabende Ausländer lebten. Daraufhin schlossen sich die imperialen Mächte zu einer internationalen „task force“ zusammen und schlugen den Aufstand blutig nieder.[4]

 

Der Kaiserpalast wurde gestürmt und China – wieder einmal – dazu verpflichtet, erdrückende Reparationen zu zahlen. Erstaunlicherweise gelang es der Qing-Dynastie trotz allem, an der Macht zu bleiben. Allerdings war die Kaiserinnenwitwe, die de facto das Land beherrschte, dazu genötigt, weitreichende Reformen zu billigen.

Boxeraufstand 1900

Abb. 22: “Boxer-Rebellen”

Abb. 24: Truppen der vereinigten acht Staaten

Abb. 23: Ausländische Truppen in der Verbotenen Stadt

Der Umzug nach Peking 1903 brachte Qiu Guijin in das politische Zentrum des Kaiserreiches, wo die Nachwirkungen des Aufstandes noch deutlich zu spüren waren. Sie befand sich nun am Puls der Zeit und es eröffneten sich bislang unbekannte Möglichkeiten; nicht zuletzt deshalb, weil Frauen in der Großstadt Peking wesentlich mehr Freiheiten hatten. Schnell kam sie in Kontakt zu reformorientierten und republikanischen Kreisen, die von der Notwendigkeit einer grundlegenden Veränderung der bestehenden Verhältnisse überzeugt waren. Sie nahm an Diskussionsrunden teil und wurde zunehmend politisiert. Darüber hinaus verfasste sie zahlreiche gesellschaftskritische Gedichte, die ihre feministische Grundhaltung bereits deutlich erkennen ließen:

Die Frauen müssen etwas lernen, um unabhängig zu werden. Sie dürfen sich nicht immer in allen Dingen an die Männer klammern (Qiu Jin).

Mithilfe der Gedichte gelang es ihr, die negativen Erfahrungen, die sie als (Ehe-)Frau tagein tagaus machen musste, konstruktiv zu verarbeiten. Dabei half ihr auch der Austausch mit gleichgesinnten Frauen, deren Solidarität sie sich sicher sein konnte. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang vor allem die enge Freundschaft zu Wu Zhiying, mit der sie Vorlieben, Interessen und Ansichten teilte. Unter diesen Umständen gewann Qiu Guijin Schritt für Schritt ihre verlorenen Lebenskräfte zurück und entwickelte zudem Widerstandskräfte, die sich alsbald bemerkbar machten.

Während sie sich um die Erziehung der beiden Kinder kümmerte, sich politisch engagierte und sich Sorgen um die Zukunft Chinas machte, führte ihr Ehemann ein sorgloses und zügelloses Leben. Er besuchte Bordelle, frönte dem Glücksspiel und gab sich dem Alkoholgenuss hin. Sein Verhalten, so schrieb Qiu Guijin in einem Brief an ihren Bruder, sei schlimmer als das eines Tieres. Die Situation spitzte sich mehr und mehr zu, bis sie eines Tages eskalierte, als ihr Ehemann kurzfristig den Plan der Familie verwarf, zu einer Theateraufführung zu gehen, um stattdessen ein Bordell zu besuchen. Qiu Guijin, die nicht mehr bereit war, die Situation widerstandslos hinzunehmen, ging ohne ihn – und zwar in Männerkleidung. Als ihr Ehemann davon erfuhr, war er außer sich vor Wut und wurde handgreiflich, woraufhin Qiu Guijin Zuflucht in einem Hotel suchte.

Vor dem Hintergrund der untragbaren Situation fasste sie nach dem Vorfall den mutigen Entschluss, ihren Ehemann und ihre Kinder zu verlassen, um nach Japan zu gehen. Unlängst hatte sie von einer Bekannten erfahren, dass die Bildungsmöglichkeiten für Frauen dort wesentlich besser sind und sich immer mehr chinesische Studierende auf den Weg machen. Ihr Ehemann reagierte mit Empörung und Unverständnis und versuchte erfolglos, sie aufzuhalten. Unterstützt von ihren Freundinnen und ihrer Mutter verkaufte sie ihren Schmuck, um die weite und teure Reise zu finanzieren. Im Sommer 1904 war es dann soweit, sie brach nach Japan auf und ließ die Vergangenheit hinter sich. Später schrieb sie:

Heute reden die jungen Leute überall von Revolution. Ich glaube, die Revolution muss in der eigenen Familie beginnen, und so ist es auch mit der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (zit. n. Gipoulon).

Folgen wir diesem Revolutionsverständnis, dann war Qiu Guijin bereits zu diesem Zeitpunkt eine Revolutionärin.

Neuanfang und Beginn einer politischen Karriere

Die Entscheidung, einen Neustart in Japan zu wagen, ist Qiu Guijin sicher nicht leicht gefallen. Das Gedicht, das sie auf dem Weg nach Japan schrieb, lässt erahnen, was sie in dieser Phase des Umbruchs durchgemacht hat:

Bedauern: Geschriebene Zeilen auf dem Weg nach Japan

Sonne und Mond haben kein Licht mehr, die Erde ist dunkel.
Unsere Frauenwelt ist so tief gesunken; wer kann uns helfen?
Schmuck, der verkauft wurde, um die Reise über die Meere zu bezahlen,
Von meiner Familie abgeschnitten, verlasse ich mein Heimatland.
Ich befreie meine Füße und reinige eine tausendjährige Vergiftung,
Mit warmem Herz erwachen die Lebensgeister aller Frauen.
Leider, dieses Tuch hier,
Ist halb mit Blut befleckt und halb mit Tränen.
(zit. n. Wang).[5]

In Tokio angekommen, begann für die 29-Jährige ein neues Leben. Nach ihrer erfolgreichen „privaten Revolution“ fasste sie nun die gesamtgesellschaftliche Revolution ins Auge, die ihrer Auffassung nach sowohl auf die Befreiung Chinas von der Fremdherrschaft als auch auf die Befreiung der Frauen zielen müsse. Der Erreichung dieser beiden Ziele, die sie als die zwei Seiten einer Medaille betrachtete, widmete sie fortan ihre ganze Kraft.

Unmittelbar nach der Ankunft knüpfte sie Kontakte zu revolutionären Kräften und engagierte sich alsbald in zahlreichen Organisationen. Zu nennen ist zunächst die „Vereinigung Chinesischer Studierender“, die eine Art Selbsthilfeorganisation darstellte und sich entsprechend der geografischen Herkunft ihrer Mitglieder in zahlreiche Untergruppen gliederte. Qiu Guijin war sowohl in der Gruppe der Provinz Zhejiang als auch in der Gruppe der Provinz Hunan aktiv. Darüber hinaus wurde sie im Herbst 1904 zur Mitbegründerin eines radikalen Geheimbundes mit dem Namen „Gruppe der Zehn“, der es sich zum Ziel setzte, dem chinesischen Kaiserreich ein Ende zu bereiten. Etwa zur gleichen Zeit schloss sie sich der Sektion „Triade“ von Yokohama an, einer Vereinigung revolutionärer Studierender, der auch Sun Yat-sen angehörte.[6] (Abb. 25) Ferner gründete sie die „Gesellschaft für das Studium der politischen Rede“ und belebte zusammen mit Chen Xiefen die „Gonghai hui“, die sich als erste Vereinigung chinesischer Frauen dem Widerstand gegen die Qing verschrieb. Im Juni 1905 wurde sie dann Mitglied bei der revolutionären „Guangfu hui“ (Gesellschaft für die Rückkehr des Lichts) und im Herbst 1905 bei der „Tongmeng hui“ (Gesellschaft der revolutionären Allianz).

In Japan führte Qiu Guijin ein rastloses Leben. Sie nahm an Veranstaltungen teil, machte sich als hervorragende Rednerin und Agitatorin einen Namen und verfasste zahlreiche Zeitschriftenartikel. Im ideologischen Kampf zwischen Revolutionär*innen und Reformer*innen, der zu dieser Zeit wütete, schlug sie sich auf die Seite der Revolutionär*innen, die für eine demokratische Republik eintraten und die Monarchie nicht reformieren, sondern stürzen wollten. Ihrer Radikalität und ihrem neu gewonnenen Selbstvertrauen verlieh sie Ausdruck, indem sie sich demonstrativ in Männerkleidung und mit einem Kurzschwert in der Hand fotografieren ließ.

Revolutionärin

Abb. 26: Qiu Guijin mit Kurzschwert

Zudem besiegelte Qiu Guijin ihren Neuanfang in Japan mit einer emanzipatorischen Namensänderung. Ihren Familiennamen „Qiu“ (Deutsch: Herbst) behielt sie in ursprünglicher Form bei. Jedoch strich sie die ersten drei Buchstaben ihres Vornamens, die das chinesische Wort „Gui“ ergeben, was so viel heißt wie „Frauengemach“. Übrig blieb das Wort „Jin“, das mit „Gold“ übersetzt werden kann.[7]

Neben ihrem politischen Engagement lernte Qiu Jin Japanisch und schrieb sich in der „Jissen-Frauenuniversität“ (heutiger Name) ein, die 1899 von der Pädagogin und Dichterin Shimoda Utako gegründet worden war. Sie begeisterte sich sowohl für die Geistes- als auch die Naturwissenschaften und setzte sich intensiv mit den Schriften westlicher Denker*innen auseinander. Ferner kam sie in Kontakt mit sozialistischen und anarchistischen Ideen, die unter den Studierenden weithin Anklang fanden, und übernahm die republikanischen Ideale der Französischen Revolution. In der Literatur suchte sie nach widerständigen Frauen und fand sie unter anderem in Jeanne d’Arc, Marie Roland und Harriet Beecher Stowe. (Abb. 27, 28, 29)

Vorbilder

Abb. 27: Jeanne D’Arc

Abb. 29: Harriet Beecher Stowe

Abb. 30: Sofja Perowskaja

Abb. 28: Marie Roland

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Besonders beeindruckt war sie außerdem von der russischen Revolutionärin Sofja Perowskaja, die sich 1881 am Attentat auf Zar Alexander II. beteiligt hatte und mit ihrem Leben dafür bezahlte.

Außerdem begann sie in dieser Zeit mit den Arbeiten an ihrem eigenen Roman mit dem Titel „Die Steine des Vogels Jingwei“, der sich wie ein feministisches Manifest liest. Im Vorwort heißt es:

(…) es gibt unter unseren zweihundert Millionen Frauen unzählige, die unter der Tyrannei der Männer stöhnen. Aber was tun sie? Sie fahren fort, sich zu schminken, ihr Haar kunstvoll zu frisieren, sich die Füße zu bandagieren, und mit Schmuck in ihren Haarknoten und in bestickte Gewänder gehüllt kokettieren sie mit den Männern, um deren Zuwendung auf solche Weise zu erlangen. (…) Ohne Gefühl für die brutale Gewalt, die man ihnen antut, ertragen sie ohne jede Selbstachtung die schlechte Behandlung und die Demütigung; völlig blind und unwissend begnügen sie sich in ihrer Dummheit damit, das Schicksal dafür verantwortlich zu machen. Sie empfinden es nicht als Schande, wenn sie sich wie Sklavinnen und Bedienstete benehmen (Qiu Jin zit. n. Gipoulon).

Einige Zeilen weiter beschreibt sie die politischen Ziele, die sie mit ihrem Roman verfolgte:

Ich möchte meine Leserinnen gewaltsam aufrütteln, damit sie plötzlich erkennen, daß sie sich falsch verhalten, damit sie sich kräftig regen und der weiblichen Bevölkerung den Fortschritt ermöglichen. (…) Ich will nicht zulassen, daß die zweihundert Millionen Frauen in unserem Land ihrer Verantwortung als Bürgerinnen den Rücken kehren. Auf, Frauen, rührt euch! (ebd.).

Abb. 31: Chen Tianhua

Entsprechend ihrer Intention, aufzuklären und zur Bewusstseinsbildung beizutragen, wählte sie für ihren Roman die literarische Form des „Tanci“[8], um möglichst viele Menschen zu erreichen. Leider verhinderten die tagespolitischen Ereignisse die Fertigstellung des Romans, dessen Fragmente erst Jahrzehnte nach ihrem Tod veröffentlicht wurden. 1905 ergriff die japanische Regierung nämlich in Absprache mit der chinesischen Maßnahmen, um die Freiheiten von chinesischen Studierenden in Japan massiv einzuschränken. Diese riefen heftige Reaktionen aufseiten der Studierendenschaft hervor und am 8. Dezember 1905 beging Chen Tianhua, ein Bekannter von Qiu Jin, aus Protest gegen diese Maßnahmen Selbstmord. (Abb. 31) Daraufhin entschloss sich Qiu Jin, Japan zu verlassen und den revolutionären Kampf in China fortzusetzen.[9]

Qiu Jin zurück in China

Zu Beginn des Jahres 1906 ließ Qiu Jin Japan hinter sich und kehrte als überzeugte Revolutionärin nach China zurück. Ihr Weg führte sie zunächst nach Shaoxing, dem Heimatort ihrer Familie, wo sie für kurze Zeit als Lehrerin an einer Mädchenschule Anstellung fand.[10] Danach zog sie weiter in die nördlich von Shaoxing gelegene Kleinstadt Nanxun. Dort unterrichtete sie für einige Monate an der Mädchenschule „xungi nüxue“, bis sie aufgrund ihrer revolutionären Ansichten suspendiert wurde. Obgleich sie nur für kurze Zeit in Nanxun war, konnte sie einige Frauen davon überzeugen, revolutionären Vereinigungen beizutreten. Nach ihrer Suspendierung lebte sie für einige Monate in der Metropole Shanghai – dem damaligen Zentrum feministischer Politik, wo sich bereits 1897 eine Gesellschaft gegründet hatte, die sich für ein Verbot des Bandagierens der Füße aussprach. In Shanghai pflegte sie enge Kontakte zu anderen Revolutionär*innen und übte sich in der Sprengstoffherstellung.

Unterdessen wurde sie von der Tongmeng hiu gebeten, an den Vorbereitungen und der Durchführung eines Aufstands mitzuwirken. Sie willigte ein und übernahm als einzige Frau (militärische) Verantwortung. Letztlich scheiterte die Erhebung und ein enger Freund von ihr wurde verhaftet und hingerichtet. Trotz des herben Rückschlags gab Qiu Jin nicht auf und hielt konsequent an ihren beiden politischen Hauptzielen fest: Die Befreiung des Landes und die Befreiung der Frau. Mithin gründete sie Ende des Jahres 1906 in Shanghai die feministische „zhongguo nü bao“ (Zeitschrift für die chinesische Frau), die jedoch aus Geldmangel wieder eingestellt werden musste.

Kurz nach der Veröffentlichung der ersten Ausgabe im Januar 1907 folgte sie dem Ruf zurück nach Shaoxing, wo sie die Leitung der Mädchenschule, in der sie bereits unterrichtet hatte, und der konspirativen „Da Tong“-Schule übernahm.[11] Die Da Tong-Schule war im September 1905 auf private Initiative von der Guangfu hui gegründet worden und diente der Ausbildung und Rekrutierung von Revolutionär*innen. Bis zur Ankunft von Qiu Jin waren die Verantwortlichen der Guangfu hui stets auf Geheimhaltung bedacht und wollten den Eindruck erwecken, dass es sich um eine gewöhnliche Schule handelt. Unter der Leitung von Qiu Jin kam es dann zu einem Kurswechsel, der schnell für negative Schlagzeilen sorgte. Sie legte weniger Wert auf die Geheimhaltung des militärischen Trainings und ermunterte die Schüler*innen dazu, der Guangfu hui beizutreten. Darüber hinaus sorgte sie in der Öffentlichkeit für Empörung, indem sie (weiterhin) schwarze Männerkleidung trug und mitunter im „Herrensitz“ durch die Stadt ritt.[12]

Insofern ist es wenig verwunderlich, dass die Wandzeitungen bereits im März 1907 von einem „Rebellennest“ sprachen und die Schule kurze Zeit später von der Polizei durchsucht wurde.

Aufstandsversuch, Gefangennahme und Hinrichtung

Abb. 32: Xu Xilin

Einige Monate nach ihrer Berufung zur Schulleiterin erhielt sie von der Guangfu hui den Auftrag, gemeinsam mit ihrem entfernten Cousin Xu Xilin, den sie bereits in Japan kennengelernt hatte, einen Aufstand in den Provinzen Zhejiang und Anhui anzuzetteln.

Der ursprüngliche Plan war, die Provinzhauptstadt von Zhejiang nach einem Ablenkungsmanöver und einem Überraschungsangriff einzunehmen. Soweit die Theorie. In der Praxis scheiterte der Plan am verfrühten Ausbruch des Aufstands und der darauf folgenden selbstmörderischen Aktion Xu Xilins, der eigenmächtig den Provinzgouverneur von Anhui tötete und hingerichtet wurde. Unmittelbar nach dem Attentat geriet die Da Tong-Schule in den Fokus und die Regierung entsendete Truppen, um das „Rebellennest“ zu stürmen. Glücklicherweise wurde Qiu Jin vor dem Eintreffen der Polizeikräfte gewarnt, sodass sie die Möglichkeit hatte, die Waffen zu verstecken, die Namenslisten der Schüler*innen zu verbrennen und diese nach Hause zu schicken. Obwohl ausreichend Zeit gewesen wäre, die Flucht zu ergreifen, harrte sie gemeinsam mit einigen engen Weggefährt*innen in der Schule aus. Als die Regierungstruppen am 13. Juli 1907 schließlich eintrafen, kam es zu einem Scharmützel, bei dem zwei Schüler*innen starben. Qiu Jin wurde gefangen genommen und in das Frauengefängnis von Shaoxing gebracht. Dort wurde sie vom Stadtpräfekt, der zuvor noch ihr kämpferisches Gemüht und ihre Gedichte bewundert hatte, als Kriminelle verhört. Verzweifelt versuchte er, sie dazu zu drängen, die Namen weiterer Revolutionär*innen preiszugeben und sich schuldig zu bekennen. Höchstwahrscheinlich wurde sie auch gefoltert. Jedoch ohne Erfolg: Sie verweigerte jegliche Kooperation und bekannte sich auch nicht schuldig. Dennoch machten die Verantwortlichen – im wahrsten Sinne des Wortes – kurzen Prozess mit ihr und ein paar Tage nach ihrer Verhaftung fiel das Urteil: Tod durch Enthauptung. Da eine Begnadigung nicht zu erwarten war, äußerte Qiu Jin kurz nach dem Ende des „Schauprozesses“ drei Wünsche: Sie bat darum, sich vor der Hinrichtung nicht entkleiden zu müssen, darum, dass ihr Kopf nicht öffentlich zur Schau gestellt wird und darum, dass sie ihren engsten Weggefährt*innen schreiben darf. Lediglich die ersten beiden Wünsche wurden ihr gewährt. Ihre letzten Worte, die sie im Gefängnis niederschrieb, waren: „Herbstregen, Herbstwind bekümmern die Menschen.“[13]

Am 17. Juli 1907 kam es auf dem Hinrichtungsplatz von Shaoxing zur Vollstreckung des Urteils. Qiu Jin wurde 31 Jahren alt.[14]

Nachwirkungen

Im Nachgang sorgte die Hinrichtung von Qiu Jin in breiten Bevölkerungskreisen für Empörung. Zum einen erschien das Urteil – insbesondere für eine junge Frau – als überzogen. Zum anderen gab es grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Anklage und der Rechtmäßigkeit des Prozesses, der viel zu schnell und ohne Schuldeingeständnis endete. So befeuerte das Urteil das regierungsfeindliche Klima im Land und die Zentralregierung sah sich angesichts des öffentlichen Drucks dazu genötigt, die Hauptverantwortlichen zu entlassen. Damit bestätigte die Regierung – zumindest indirekt – die Unrechtmäßigkeit des Prozesses.

Der Aufschrei der Bevölkerung deutet bereits darauf hin, dass Qiu Jin, obgleich sie ihre beiden politischen Hauptziele nicht erreichen konnte, weit über ihren Tod hinaus wirkte. Ihr Kampf ging weiter. Einige Jahre nach ihrer Hinrichtung endete die über 2000-jährige Geschichte des chinesischen Kaiserreiches mit der offiziellen Gründung der Republik China am 01. Januar 1912. Ferner formierte sich zur gleichen Zeit die chinesische Frauenbewegung, die in die Fußstapfen von Qiu Jin trat. Zu beiden Entwicklungen hatte Qiu Jin mit ihrem unermüdlichen Engagement einen wichtigen Beitrag geleistet.

Gedenken

Nach der Hinrichtung hält die Angst vor Repressionen die Familie von Qiu Jin davon ab, die Behörden um die Herausgabe des Leichnams zu bitten. Dass diese Sorge nicht unberechtigt war, zeigen die Haftbefehle, die gegen zwei Weggefährtinnen von Qiu Jin erlassen wurden, als sie sich um ein angemessenes Begräbnis bemühten. Erst nach der Ausrufung der Republik genehmigte Sun Yat-Sen die Beisetzung am Ufer des Tai Hu-See, um dem Wunsch von Qiu Jin, den sie zu Lebzeiten geäußert hatte, zu entsprechen.

Abb. 33: Qiu Jin Statue

In der Folge entstanden zahlreiche Biographien und zu ihrem 50. Todestag wurde in Shaoxing sogar ein Museum zu ihren Ehren eröffnet. Des Weiteren wurden Denkmäler errichtet, Filme über ihr Leben gedreht und seit 2005 findet sich ihr Konterfei auf chinesischen Briefmarken.

Bis heute ist Qiu Jin eine der wenigen bedeutenden historischen Persönlichkeiten, die sowohl in China als auch in Taiwan bewundert werden. Die Schattenseiten dieser „Erinnerungskultur“ offenbaren sich in Glorifizierungen, politischen Vereinnahmungen und historischen Entstellungen, die eine (Kunst-)Figur hervorgebracht haben, die mit der historischen Qiu Jin nur noch wenig gemein hat. Dagegen ist ihre Geschichte in westlichen Ländern nahezu unbekannt, selbst in feministischen Kreisen.

Qiu Jins Kampf um die Frauenrechte

Qiu Jin hinterließ deutliche Spuren in der Geschichte und ist als eine entscheidende Wegbereiterin der chinesischen Frauenbewegung anzusehen. Mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Mut inspirierte sie ganze Generationen von Feministinnen, die sich für die Rechte von Frauen einsetzten und bis heute einsetzen. Ausgehend von den patriarchalen Verhältnissen ihrer Zeit leistete sie unermüdlichen Widerstand gegen die Unterdrückung von Frauen, die vor allem im Bandagieren der Füße, der Rolle von Frauen innerhalb der Familie und der Verwehrung von Erziehung und Bildung zum Ausdruck kamen. Für Qiu Jin waren dies unerträgliche Zustände, die sie zu der Frage führten:

„Wie konnten unsere Vorfahren nur eine derart verdrehte Ordnung errichten?“ (Qiu Jin).

Fieberhaft versuchte sie die „verdrehte Ordnung“ geradezubiegen und sowohl Männer als auch Frauen für den revolutionären Kampf um des Menschen Rechte zu gewinnen.

 

Autor: Stefan Schuster, MA
Kontakt: stefan.schuster@buxus-stiftung.de

 

Literatur

Allermann, Jessica (2013). Lotusschuhe – Schritte wie eine Seiltänzerin. In: Racz, Julia & Krüger, Gundolf (Hg.): Arrangierte Liebe. Leitfaden zur Sonderausstellung in der Ethologischen Sammlung der Universität Göttingen. Göttingen: Universitätsverlag. S. 40-44.

De Shazar, Marie-Laure (2016): Chinese Joan Of Arc. Qiu Jin – China’s First Feminist. (o. O.): deShazer publishing books.

Dooling, Amy & Torgeson, Kristina (1998): Writing Women in Modern China. An Anthology of Women’s Literature from the early twentieth Century. New York: Columbia University Press.

Dooling, Amy (2005): Women’s Literary Feminism in Twentieth-Century China. New York: palgrave macmillan.

Gipoulon, Catherine (1977): Die Steine des Vogels Jingwei. Qiu Jin. Frau und Revolutionärin im China des 19. Jhs. München: Frauenoffensive.

Hieronymus, Sabine (2001): Qiu Jin (1875-1907): Eine Heldin für die Revolution. In: Übelhör, Monika (Hrsg.): Zwischen Tradition und Revolution. Lebensentwürfe chinesischer Frauen an der Schwelle zur Moderne. Marburg: Universitätsbibliothek. S. 86-104.

Hu, Ying (2004): Writing Qiu Jin’s Life: Wu Zhiying and her Family Learning. In: Late Imperial China. Volume 25, No. 2. S. 119-160.

Kristeva, Julia (1982): Die Chinesin. Die Rolle der Frau in China. Frankfurt am Main; Berlin; Wien: Ulllstein-Verlag.

Müller, Gotelind (2001): China, Kropotkin und der Anarchismus. Eine Kulturbewegung im China des frühen 20. Jahrhunderts unter dem Einfluss des Westens und japanischer Vorbilder. Wiesbaden: Harrassowitz-Verlag.

Queen of the neighbourhood collective (2011): Revolutionäre Frauen. Biografien und Stencils. Münster: edition-assemblage.

Qin, Amy (o. J.): Qiu Jin. A feminist poet and revolutionary who became a martyr known as China’s ‘Joan of Arc’. [Abruf am 12.02.2019 unter: https://www.nytimes.com/interactive/2018/obituaries/overlooked-qiu-jin.html].

Rankin, Backus Mary (1975): The Emergence of Women at the End of the Ch’ing: The Case of Ch’iu Chin. In: Wolf, Margery & Witke, Roxane: Women in Chinese Society. California: Stanford University Press.

Salmon, Claudine (2005): Confucianists and Revolutionaries in Surabaya (c1880-c1906). In: Lindsey, Tim & Pausacker, Helen (ed.): Chinese Indonesiens. Remembering, Distorting, Forgetting. Singapore: Institute of Southeast Asia Studies, p. 130-147.

Schmidt, Christine (2016): Qiu Jin. In: Fembio. Frauen. Biographieforschung. [Abruf am 10.01.2019 unter: http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/qiu-jin/].

Schüler, Wilhelm (2013): Abriss der Neueren Geschichte Chinas unter besonderer Berücksichtigung der Provinz Schantung. Paderborn: Salzwasser Verlag.

Vogelsang, Kai (2014): Kleine Geschichte Chinas. Stuttgart: Reclam-Verlag.

Wang, Lingzhen (2004): Personal matters. Women’s autobiographical practice in twentieth-century. Stanfort: Stanford University Press.

Zinda, Yvonne Schulz (2010): Die Revolutionärin Qiu Jin 秋瑾 (1875-1907): der Stoff, aus dem die Heldin ist. In: Oranskaia, Tatiana & Schuler, Barbara (Hrsg.): Göttinnen, Heldinnen und Herrscherinnen in Asien und Afrika. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Peter Lang Verlag. S. 61-79.

 

Anmerkungen

[1]    Der Taiping-Aufstand gilt bis heute als der blutigste Bürger*innenkrieg der Weltgeschichte. Schätzungen zufolge kostete er zwischen zwanzig und dreißig Millionen Menschenleben.

[2]    Schmidt legt nahe, dass die Mutter von Qiu Guijin gänzlich auf das Bandagieren der Füße verzichtete. Dagegen spricht eine Zeile in einem Gedicht, das Qiu Guijin auf ihrem Weg nach Japan 1904 schrieb:„(…)  Unbinding my feet, I clean out a thousand years of poison, (…)” (Qiu zit. n. Wang).Mithin hält es Rankin für wahrscheinlich, dass sie zu diesem Zeitpunkt die Bandagen abnahm. Vieles spricht dafür, dass die Füße von Qiu Guijin weniger stark bandagiert wurden, sodass sie zumindest Sport treiben konnte.

[3]    Die genau genommen 103 Tage andauerte, vom 11. Juni bis zum 21. September 1898.

[4]    „Eine besonders unrühmliche Rolle spielten bei alledem die deutschen Truppen. Angeheizt von Kaiser Wilhelms II. berüchtigter ›Hunnenrede‹ – ›Pardon wird nicht gegeben, Gefangene nicht gemacht‹ -, verübten die Deutschen auf der Suche nach ›Boxern‹ schreckliche Massaker an der chinesischen Bevölkerung“ (Vogelsang).

[5]    Übersetzung durch den Autor.

[6]    Sun Yat-sen wurde später der erste Präsident der Republik China.

[7]    Des Weiteren gab sie sich selbst den Beinamen „Jianhu nüxia“ (Deutsch: Ritterin von Jianhu). Der Jianhu ist ein See, der in der Nähe von Shaoxing gelegen ist.

[8]    „Ein Tanci ist eine lange Erzählung, zuweilen eine sehr lange. (…) Gereimte Passagen, die zum Vorsingen gedacht sind, wechseln mit gesprochenen Absätzen. Auf Lyrik folgt Prosa. Diese Gattung gehört der gesprochenen und geschriebenen Volkstradition an. In seiner mündlichen Form wandte es sich in erster Linie an ein breites ungebildetes Publikum, das oft nicht lesen und schreiben konnte: an Männer und Frauen aus dem Volk.“ (Gipoulon).

[9]    Bei Zinda ist davon die Rede, dass Qiu Jin ausgewiesen wurde. Diese Behauptung konnte jedoch nicht bestätigt werden.

[10]   Abgesehen von Mädchenschulen, die unter der Leitung von westlichen Missionaren standen, kam es erst ab 1879 zu vereinzelten Gründungen seitens der chinesischen Behörden. Von einem landesweiten Netz kann erst ab 1907 gesprochen werden. Jedoch kam es ab 1904 zu zahlreichen Neueröffnungen von privaten Mädchenschulen.

[11]   Laut Hieronymus kehrte sie bereits im November 1906 nach Shaoxing zurück.

[12]   Ob sie absichtlich provozierte, wie Hieronymus und Wang behaupten, sei dahingestellt.

[13]   Damit spielte sie auf ihren Namen und die konservativen Kräfte an, die aus Angst vor Reformen und Revolutionen an den Traditionen festhielten.

[14]   Laut Schmidt wurde sie am 15. Juli hingerichtet.

Abbildungsverzeichnis
  1. Xiamen (Amoy) 1870: Gemeinfrei
  2. Houses in Xiamen (Amoy) 1870: anonym, View of the rooftops of houses, Amoy, China Wellcome L0056009, CC BY 4.0
  3. Portrait of Qin Liangyu by Ye Yanlan: Gemeinfrei
  4. Mulan as depicted in the album Gathering Gems of Beauty: Gemeinfrei
  5. Painting of Hua Mulan, 18th century, housed in the British Museum: Gemeinfrei
  6. Mandschu-Frisur: Gemeinfrei
  7. Barbershop in the Qing Dynasty: Gemeinfrei
  8. Erster Opiumkrieg: HEIC Nemesis zerstört eine chinesische Dschunke, (Edward Duncan, 1843): Gemeinfrei
  9. Second Opium War British troops taking a fort in 1860: Gemeinfrei
  10. Second Opium War Cousin-Montauban leading French forces during the 1860 campaign: Gemeinfrei
  11. Chinesisch-Französischer Krieg_Die Eroberung von Bac Ninh: Gemeinfrei
  12. A scene of the Taiping Rebellion: Gemeinfrei
  13. Zeitgenössische rassistische Karikatur in Le Petit Journal (1898), die die Rivalität der Großmächte in China darstellt: von links nach rechts Großbritannien (Victoria), Deutsches Reich (Wilhelm II.), Russland (Nikolaus II.), Frankreich (Marianne), Japan: Gemeinfrei
  14. Röntgenbild abgebundener Füße: Gemeinfrei
  15. Junge Frau mit Spezialschuhen (1900): Gemeinfrei
  16. Junge Frau ohne Bandagen: Gemeinfrei
  17. Peking 1898: Bundesarchiv Bild 116-125-26, Peking, Blick auf die Stadt, CC BY-SA 3.0 DE
  18. Chinesisch-Japanischer Krieg_Farbholzschnitt von Mizuno Toshikata mit der Darstellung der Schlacht von Pjöngjang (1894): Gemeinfrei.
  19. Porträt des Kaisers Guangxu: Gemeinfrei
  20. Kaiserinnenwitwe Cixi: Gemeinfrei
  21. Tan Sitong: Gemeinfrei
  22. „Boxer“-Rebellen mit verschiedenen Dao bewaffnet (1900): Gemeinfrei
  23. Die Truppen der Vereinigten acht Staaten auf einer japanischen Zeichnung: Gemeinfrei
  24. Ausländische Truppen in der Verbotenen Stadt in Peking: Gemeinfrei
  25. Sun Yat-sen 1896: Gemeinfrei.
  26. Qiu Jin mit Kurzschwert: Gemeinfrei
  27. Joan at the coronation of Charles VII by Jean Auguste Dominique Ingres in 1854: Gemeinfrei
  28. Madame Roland: Gemeinfrei
  29. Harriet Beecher Stowe: Gemeinfrei
  30. Sophia Perovskaya: Gemeinfrei
  31. Chen Tianhua: Gemeinfrei
  32. Xu Xilin: Gemeinfrei
  33. Qiu Jin Statue: jensimon7, QiuJin feminist revolutionary, CC BY 2.0

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