Rebellin gegen den Krieg
Gulnara Shahinian

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04.10.2018

Eine „Rebellin gegen den Krieg“ wird ausgezeichnet
Gulnara Shahinian erhält den Anita-Augspurg-Preis

Am 21. September 2018 erhielt die Friedens- und Frauenrechtsaktivistin Gulnara Shahinian aus Armenien den „Rebellinnen gegen Krieg“ Anita-Augspurg-Preis der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF)“. Mit der Gründung von „Democracy Today“ leistete die ehemalige UN-Sonderberichterstatterin einen entscheidenden Beitrag zur Demokratisierung im Allgemeinen und zur „Samtenen Revolution“ in Armenien im Besonderen. Die Preisverleihung fand in Verden an der Aller, dem Geburtsort von Anita Augspurg, statt. Zudem lud die IFFF am 23. September 2018 zu einer „Osteuropa-Matinee“ in die Hamburger Frauen*bibliothek DENKtRÄUME ein, wo Gulnara Shahinian mit anderen Aktivistinnen über Situation und die Rolle von Frauen in Osteuropa und Zentralasien diskutierte.

Gulnara Shahinian wurde 1951 in Armenien geboren und studierte in Jerewan, St. Petersburg, Budapest, Cambrige und Stanfort ein breites Themenspektrum. Sie hat einen Abschluss auf dem Gebiet der Sprachwissenschaften und einen Abschluss in International Human Rights Law.

Gulnara Shahinian engagiert sich seit etwa zwei Jahrzehnten in der Kommunalpolitik und bekleidete mitunter das Amt für auswärtige Angelegenheiten des Stadtrats von Jerewan. Außerdem war sie Vorsitzende der Frauenunion und leitete die erste internationale Frauenkonferenz in der Geschichte Armeniens unter dem Titel: „Armenian Women at the Doorstep of the Twenty-First Century.” 2005 übernahm sie den Vorsitz einer Expert_innengruppe der Vereinten Nationen zur Frauenrechtskonvention und der Gewalt in der Familie im asiatisch-pazifischen Raum. 2008 wurde sie vom Menschenrechtsrat zur ersten UN-Sonderberichterstatterin über moderne Formen der Sklaverei, einschließlich ihrer Ursachen und Folgen, ernannt. In dieser Funktion machte sie zwischen 2008 und 2014 in zahlreichen Berichten, Artikeln und Stellungnahmen auf die unterschiedlichen Formen moderner Sklaverei im 21. Jahrhundert aufmerksam.

Gegenwärtig ist sie Mitglied einer Expert_innengruppe, die die Umsetzung und Einhaltung der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels überwacht. Darüber hinaus ist sie stellvertretende Vorsitzende der Frauenrechtskommission des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen und setzt sich für die Gleichberechtigung und die Förderung von Frauenrechten ein.

Des Weiteren ist sie Verfasserin zahlreicher Schriften und organisiert im Kaukasus-Gebiet spezielle Trainings zur Friedens- und Konfliktbewältigung.

Bereits 1994 gründete sie die Nichtregierungsorganisation „Democracy Today“ in Armenien. Democracy Today ist ein Zusammenschluss von Führungskräften, Wissenschaftler_innen und Aktivist_innen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, den demokratischen Prozess in Armenien unterstützen und die Rolle der Frauen im Hinblick auf eine inklusive Gesellschaft stärken.[1] Die Organisation arbeitet insbesondere mit jungen Frauen, die dazu ermutigt werden, ihre Rechte aktiv einzufordern. Bei den Protesten im April und Mai 2018 leisteten die Frauen von Democracy Today in vorderster Reihe Widerstand. Ihr Beitrag zur „Samtenen Revolution“[2] und damit zur Demokratisierung der bestehenden Verhältnisse in Armenien kann kaum überschätzt werden.

Vor dem Hintergrund ihres unermüdlichen Engagements und ihrer erstaunlichen Biographie, die hier nur skizziert werden konnte, erhielt Gulnara Shahinian am 21. September 2018 in Verden den „Rebellinnen gegen den Krieg“ Anita-Augspurg-Preis der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF).[3] Gulnara Shahinian ist nach der syrischen Journalistin Zaina Erhaim die zweite, die mit dem spendenfinanzierten Preis ausgezeichnet wird.[4]

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Bürgermeister und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden hielt Heidi Meinzolt (IFFF) die Laudatio. Zu Beginn erinnerte sie an das Leben und Wirken der einflussreichen Frauenrechtlerin Anita Augspurg und wies auf die Parallelen zu Gulnara Shahinian hin, die sie als die Seele und die Kraftquelle von Democracy Today beschrieb. Zudem hob sie die zahlreichen Verdienste von ihr im Kampf um des Menschen Rechte hervor und würdigte ihre demokratische Basisarbeit, die von einer internationalen und feministischen Perspektive getragen werde.

Im Anschluss an die Laudatio übergab die IFFF-Vorsitzende Irmgard Hofer die Auszeichnung an Gulnara Shahinian, die in ihrer kurzen Dankesrede auf den unerträglichen Missstand aufmerksam machte, dass nach wie vor Milliarden für Rüstungsgüter ausgegeben werden, während zahllose Kinder den Hungertod sterben. Darüber hinaus verwies sie auf die entscheidende Rolle von Frauen in Demokratisierungsprozessen weltweit und unterstrich die Bedeutung eines internationalen Bündnisses, das sich gegen jede Form des Krieges richtet und sich für den Frieden einsetzt.

Nach der Dankesrede wurde mit einer künstlerischen Darbietung an den Protest um das Frauenwahlrecht in Deutschland vor 100 Jahren erinnert, bevor sich Gulnara Shahinian in das Goldene Buch der Stadt Verden eintrug. Damit endete die Preisverleihung.

Am Sonntag dem 23.09.2018 lud die IFFF in Kooperation mit „Erasmus Mundus Journalism“[5] und der „Filia-Frauenstiftung“[6] zu einer Osteuropa-Matinee in die Hamburger Frauen*bibliothek „DENKtRÄUME“[7] ein. Nach der Begrüßung durch Heidi Meinzolt (IFFF) hielt Sabine Hoffkamp (Mundus Journalism) einen kurzen Vortrag über die beeindruckenden Biographien der Friedens- und Frauenrechtsaktivistinnen Lucy Thoumaian (*1890 – †1940) aus Armenien und Lida Gustava Heymann (*1868 – †1943) aus Hamburg, die beide – mitten in den Wirren des ersten Weltkrieges – aminternationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag teilnahmen.

Nach dem Vortrag eröffnete Heidi Meinzolt die international besetzte Podiumsdiskussion mit Gulnara Shahinian und der kirgisischen Friedensaktivistin Tolekan Ismailova. Zunächst ging Gulnara Shahinian auf die demokratischen Entwicklungen ein, die schließlich in der „Samtenen Revolution“ gipfelten. Dabei hob sie die federführende Rolle von Frauen in besonderer Weise hervor. Danach berichtete Tolekan Ismailova über ihren Kampf gegen Korruption in Kirgisistan und über die Lage von Frauen vor Ort. Im Anschluss daran wurde die Diskussion für das Auditorium geöffnet und Aktivistinnen aus Italien, Georgien und der Ukraine meldeten sich zu Wort.

Der Forderung von Gulnara Shahinian, ein internationales Netzwerk des Friedens zu etablieren, ist Mensch an diesem Tag sicherlich ein kleines Stück näher gekommen.

Kontaktstefan.schuster@buxus-stiftung.de

Foto: Rudi Klemm

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