Kritik an einem Film über die “Aktion T4”

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21.06.2018

Kritik an einem Film über den NS-Arzt Julius Hallervorden

Rezension: Aktion T4 – Das Euthanasie Programm der Nazis. Auch die Forschung machte sich schuldig. Am Beispiel des Arztes Julius Hallervorden. Ein Film von Catherine Bernstein (deutsch, Original 2015). Berlin: absolut Medien, 2018, 54′, 14,90 €

Im Rahmen der sogenanntenAktion T4 – benannt nach dem Sitz der damals zuständigen Mordbehörde in der Tiergartenstraße 4 in Berlin – wurden 70.273 Menschen, die in den Augen der Nazis „lebensunwerte Ballastexistenzen“ waren, systematisch umgebracht. Durchgeführt wurde der Massenmord zwischen Januar 1940 und August 1941 in sechs deutschen Gasmordanstalten. Dabei standen ökonomische Motive und die Frage, arbeitsfähig oder nicht arbeitsfähig, im Vordergrund. Die „Aktion T4“ gilt als Blaupause für den späteren Holocaust und Porajmos.[1]

Inhaltliche Schwerpunktsetzung des Films

Der 54minütige Dokumentarfilmder französischen RegisseurinCatherine Bernstein, der bereits 2015 produziert wurde und jetzt erstmals in deutscher Fassung vorliegt, gliedert sich in folgende Kapitel:

Aufkommen der Rassenhygiene  Eintritt in die NSDAP 1939 Bau der ersten Gaskammer Nutzung der Kenntnisse für den Holocaust Der Ärzteprozess und die Zeit danach Abspann

Die Dokumentation, dies sei vorweg genommen, thematisiert primär die Biographie von Dr. Julius Hallervorden im Spiegel der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen und nicht die „Aktion T4“ im eigentlichen Sinne. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung des Films entspricht daher nicht dem Titel.

Wer war Dr. Julius Hallervorden?

Julius Hallervorden (1882-1965) war ein deutscher Arzt und ab 1938 Leiter der histopathologischen Abteilung am Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung (KWI) in Berlin-Buch, das zu den weltweit führenden Einrichtungen auf diesem Gebiet zählte. In dieser Funktion legte er zu Forschungszwecken eine riesige Sammlung von Gehirnen an, die Opfern der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programme entnommen wurden. Am 15. Mai 1940 erhielt er die ersten Gehirne von Kindern, die in Brandenburg umgebracht wurden. Hunderte folgten und Hallervorden entwickelte sich zum zentralen Verwerter der Gehirne von ermordeten Menschen. Unter anderem erhielt er Gehirne aus den Tötungsanstalten Bernburg und Pirna-Sonnenstein sowie aus der Anstalt Leipzig-Dösen. In der Zeit von 1939 bis 1944 waren es mindestens 698 Gehirne.

Seine eigenen Aussagen belegen, dass er die Gehirne auf Eigeninitiative eingefordert und die Gunst der Stunde skrupellos ausgenutzt hat. Darüber hinaus lässt sich dem Notizbuch des damaligen Tötungsarztes von Brandenburg, Dr. Irmfried Eberl, der später das Vernichtungslager Treblinka leitete, entnehmen, dass Hallervorden persönlich Sektionen vornahm. Es ist sogar davon auszugehen, dass er die Gehirne von (noch) lebenden Menschen „bestellt“ hat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Hallervorden von dem US Major Leo Alexander, der im Auftrag der Militärregierung für die Anklagehörde in Nürnberg Berichte anfertigte, zu seiner Rolle im Nationalsozialismus befragt. Im Hinblick auf die „Euthanasie“-Morde erzählte er freimütig:

„Ich habe da so was gehört, dass das gemacht werden soll, und da bin ich denn zu denen hingegangen und habe ihnen gesagt, nu Menschenskinder, wenn Ihr nu die alle umbringt, dann nehmt doch wenigstens mal die Gehirne heraus, sodass das Material verwertet wird. Die fragten dann, nu wie viele können Sie untersuchen, da sage ich ihnen, eine unbegrenzte Menge, – je mehr, desto lieber (…).“[2]

Trotz des Eingeständnisses kam es zu keinem Ermittlungsverfahren und zu keiner Anklage gegen Hallervorden. Allerdings wurde die Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam, da im Rahmen des Nürnberger Ärzteprozesses sein Name mit der Annahme von Gehirnen in Verbindung gebracht wurde. Daraufhin versuchte er seine Taten zu verschleiern und die angespannte Situation beruhigte sich gegen Ende der 1940er Jahre, sodass er wieder seinen gewohnten Forschungstätigkeiten als Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Hirnforschung (MPI), dem Nachfolger des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung, nachgehen konnte.

Im Vorfeld eines internationalen Kongresses 1953 in Lissabon kam es zu einem Eklat aufgrund der angekündigten Teilnahme von Hallervorden. Die niederländische Delegation drohte mit Boykott und es entbrannte eine heftige Kontroverse, die um die Frage kreiste, wie mit Forschungsergebnissen umzugehen sei, die auf unethische Art und Weise gewonnen wurden. Rückendeckung erhielt Hallervorden unter anderem von der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie unter dem Vorsitz von Werner Villiger.[3]Trotz aller Skandale arbeitete er weiter am Max-Planck-Institut für Hirnforschung und wurde später Lehrstuhlinhaber an der Universität Gießen. 1956 erhielt er sogar das Große Bundesverdienstkreuz und 1962 die Ehrendoktorwürde.[4]Ob sich bei Hallervorden jemals ein Unrechtsbewusstsein eingestellt hat, lässt sich nicht abschließend klären, darf jedoch bezweifelt werden.

Erst Jahrzehnte nach seinem Tod kam es Ende der 1980er Jahre zu einer Untersuchung der umfangreichen Präparatensammlung, woraufhin im Rahmen einer Gedenkveranstaltung die Überreste der Opfer auf dem Münchener Waldfriedhof beigesetzt wurden.[5]

Filmanalyse

Im Vorspann des Films von Catherine Bernstein wird auf die aktive Beteiligung der deutschen Ärzteschaft am Mord ihrer eigenen „Patient_innen“[6]hingewiesen und die entscheidende Frage aufgeworfen: „Wie konnte das passieren?“

Direkt im Anschluss wird eine Sequenz aus einem nationalsozialistischen Propagandafilm mit Orginalkommentar gezeigt, in der idyllische Naturaufnahmen mit Aufnahmen kontrastiert werden, die vermutlich in psychiatrischen Anstalten entstanden sind und Menschen, die nicht gefragt wurden, ob sie gefilmt werden möchten, als „abartige“ Monster in Szene setzen. Befangen im sozialdarwinistischen Nazi-Ungeist spricht der Kommentator dieser Sequenz in mahnenden Worten davon, dass die Menschheit gegen das „Gesetz der natürlichen Auslese“ verstoßen und „lebensunwertes Leben“ nicht nur erhalten, sondern ihm auch „Vermehrung“ gestattet habe. Die Sequenz endet mit der Nahaufnahme des Gesichtes einer Person und den diffamierenden Worten: „(…) die Nachkommen dieser Kranken sahen so aus“.

Der Vorspann des Films wirft eine jahrzehntealte Frage auf, die spätestens im Zuge der Veröffentlichung von Hitlers Hetzschrift Mein Kampfwieder aktuell wurde: Wie umgehen mit nationalsozialistischer Propaganda? Eine bis heute (hoch-)umstrittene geschichtswissenschaftliche und pädagogische Frage. Die Teilnehmer_innen einer interdisziplinären Tagung zum Thema „Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung: NS-Propaganda im 21. Jahrhundert“ kamen 2012 zu dem einhelligen Ergebnis, dass propagandistisches Material im Unterricht zwar verwendet werden kann und auch soll, allerdings nur mit inhaltlicher Vorbereitung und Begleitung durch geschultes Lehrpersonal.[7]Im veröffentlichten Sammelband zur Tagung betont Benjamin Städter im Hinblick auf „NS-Filme im Schulunterricht“, dass die Filmanalyse zwar in einem ersten Schritt die Suggestion zulassen, jedoch in einem zweiten Schritt eine Dekonstruktion leisten muss, da sonst die Gefahr bestehe, dass die nationalsozialistische Propaganda ihre intendierte Wirkung entfaltet.[8]In diesem Zusammenhang spricht René Schlott auch von einem notwendigen „Bruch der Propagandawirkung“, der auf unterschiedliche Weise erzielt werden kann.[9]

Da der Film von Catherine Bernstein mit dem Kennzeichen „Infoprogramm“[10]versehen und im freien Handel ohne Altersbeschränkung erhältlich ist, sollte er die Dekonstruktion der nationalsozialistischen Propaganda im Allgemeinen und des „nationalsozialistischen Behinderungsbildes“ im Besonderen selbst leisten. Zumal davon auszugehen ist, dass nur in seltenenFällen geschultes Lehrpersonal zur Aufbereitung des Gesehenen zur Verfügung steht. Diesem Aspekt kommt besondere Bedeutung zu, da Bruchstücke des nationalsozialistischen Behinderungsbildes nach wie vor wirksam sind und bis heute die Sichtweise auf das Phänomen Behinderung beeinflussen. Beispielhaft kann auf die Debatte um Sterbehilfe und Pränataldiagnostik verwiesen werden. Für die Filmanalyse ist damit ein entscheidendes pädagogisches Kriterium benannt, an dem sich der Bildungsgehalt des Filmes, jenseits von der Vermittlung von bloßem Faktenwissen, messen lässt.Dementsprechend wird im Nachfolgenden das Hauptaugenmerk auf der Frage liegen, ob der Film eine Dekonstruktion des nationalsozialistischen Behinderungsbildes leistet.

Nach der beschriebenen Sequenz im Vorspann beginnt – ohne weitere Hinweise – der Hauptteil des Films. Eine Dekonstruktion findet an dieser Stelle also nicht statt. Stattdessen beginnt die Auseinandersetzung mit der Biographie von Dr. Julius Hallervorden. Zunächst wird auf die Kontroverse eingegangen, die seine Teilnahme am internationalen Kongress in Lissabon auslöste und sein Weg in die Medizin skizziert. Außerdem werden die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen der damaligen Zeit dargestellt und mit dem Lebensweg von Hallervorden in Beziehung gesetzt. Diese Vermittlung von Allgemeinem und Besonderem, die den Film auszeichnet, erleichtert den Zugang zu der komplexen Thematik und fördert die Fähigkeit zum vernetzenden Denken. Kurz nach der Sequenz im Vorspann wird unvermittelt eine zweite Sequenz aus einem Propagandafilm im Originalton gezeigt, in der zahlreiche Kinder und Erwachsene als  „Ballastexistenzen“ dargestellt werden (ab Minute: 07:45). Zwischen den Aufnahmen erscheint in großen weißen Buchstaben auf schwarzem Grund immer wieder ein Begleittext, in dem es zum Beispiel heißt: „Der Fluch kranken Erbgutes vernichtet das Glück ganzer Familien“. Die Sequenz endet mit den Worten: „Wir wollen ein starkes erbgesundes Volk!“ Im Film wird nach der Sequenz kommentarlos mit der Biographie von Hallervorden fortgefahren – eine Dekonstruktion findet auch an dieser Stelle nicht statt. Stattdessen verweist der Historiker Götz Aly auf das Verhältnis von Hallervorden zu seinen jüdischen Kolleg_innen und betont, dass er als Wissenschaftler dazu bereit war, die Verbrechen, die sich ergeben haben, zu seinen Gunsten auszunutzen. Es folgt die dritte Sequenz aus einem Propagandafilm. Diesmal sind zahlreiche Gesichter von Personen in der Nahaufnahme zu sehen, die Angst einflößen und Abscheu wecken sollen (ab Minute: 11:29). Die Darstellungsweise erinnert an einen Horrorfilm. Im Vergleich zu den vorherigen Sequenzen wird diese von der Filmsprecherin kritisch kommentiert. Allerdings sind die Aufnahmen dominanter als die gleichlautenden Worte der Sprecherin, die lediglich im Hintergrund ablaufen. Der Versuch der Dekonstruktion scheitert letztlich an der Suggestivkraft der Aufnahmen. Abgesehen davon folgen den „Horroraufnahmen“ Sequenzen aus einem anderen nationalsozialistischen Propagandafilm, in der junge, „bildhübsche“ Frauen Leibesübungen machen. Der Schnitt der Regisseurin reproduziert an dieser Stelle den konstruierten Gegensatz von krank/gesund bzw. behindert/normal, der für die nationalsozialistische Propaganda charakteristisch ist.

Nach den Sequenzen meldet sich der Historiker Michael Tregenza zu Wort und betont im Hinblick auf die nationalsozialistische Rassenideologie, dass die deutsche Ärzteschaft nicht von Hitler verführt, sondern sogar auf ihn gewartet hat. Es folgen weitere biographische Ausführungen zur Person Hallervorden, bis wieder kommentarlos eine Sequenz aus einem Propagandafilm erscheint – die vierte. Ausgehend vom ökonomistischen Denken der Nationalsozialisten werden in dieser Sequenz die hohen Kosten beschworen, die für die „Pflege“ der „erbkranken Sippe“ anfallen (ab Minute 17:41). Eine Dekonstruktion des nationalsozialistischen Behinderungsbildes findet auch hier nicht statt.

Die Sequenz endet und es wird unvermittelt auf die „Aktion T4“ eingegangen. Leider lässt die historische Schärfe an dieser Stelle zu wünschen übrig, da die Unterschiede zwischen der „Aktion T4“ und der sogenannten Kindereuthanasie nicht hinreichend herausgearbeitet werden. Zwischendurch erneut eine Sequenz aus einem Propagandafilm (ab Minute 23:54) – wieder ohneDekonstruktion. Nach der Sequenz verweist die Historikerin Astrid Ley darauf, dass es den Nationalsozialisten darum bestellt war, eine geeignete Tötungsmethode zu finden und es wird eine Aufnahme aus Weißrussland gezeigt, in der ein nackter und abgemagerter Mann, dessen Genital zu sehen ist, zur Tötung in eine Gaskammer geführt wird. Im Anschluss steht wieder die Biographie von Hallervorden im Fokus.

Ab Minute 32:50 werden dann einige Portraitfotos von Menschen gezeigt, die im Rahmen der „Aktion T4“ umgebracht wurden. Das ist die erste Stelle im Film, wo die Opfer als menschliche Subjekte und nicht als Objekte dargestellt werden. Zudem wird angedeutet, dass einige Personen bei ihrem Abtransport in die Gaskammern Widerstand leisteten. Im Ansatz bahnt sich für knapp eine Minute eine Dekonstruktion an, bevor mit der Erzählung fortgefahren wird.

Der Historiker Thomas Beddies zeigt auf, dass das Töten nach der „Aktion T4“ weiterging und Michael Tregenza macht auf die Verbindungslinien zu der Massenvernichtung in den besetzten Ostgebieten aufmerksam. Darüber hinaus wird der Weg von Hallervorden in der Nachkriegszeit nachgezeichnet und auf die Nürnberger Prozesse eingegangen. Die umfangreichen Ermittlungen von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und die von ihm initiierten „Euthanasie“-Prozesse zu Beginn der 1960er Jahre bleiben unerwähnt, obwohl sie im Hinblick auf die strafrechtliche Verfolgung der „Aktion T4“ von enormer Bedeutung sind.[11]Wünschenswert wäre es zudem gewesen, etwas mehr über den Verbleib der Gehirne nach Hallervordens Tod und die Widerstände des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung bei der Aufarbeitung der Vergangenheit zu erfahren. Der Film endet schließlich mit einigen Portraitfotos von Kindern, die der nationalsozialistischen „Euthanasie“ zum Opfer fielen – die zweite kurze Stelle, die als Versuch einer Dekonstruktion gewertet werden kann.

Fazit

Der Film von Catherine Bernstein kann insbesondere für Personen, die Vorkenntnisse mitbringen und über ein reflektiertes Behinderungsverständnis verfügen, sehr lehrreich und informativ sein. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Kommentare der Historiker_innen hervorzuheben, die Erkenntnisse ermöglichen und wichtige Zusammenhänge aufzeigen. Des Weiteren überzeugt der Ansatz, die Biographie von Dr. Julius Hallervorden im Kontext der Zeitgeschichte zu vermitteln. Grundsätzlich spricht aus pädagogischer Perspektive nichts dagegen, den Film in höheren Klassen zu zeigen, vorausgesetzt er wird von einer geschulten Lehrkraft vor- und nachbereitet. Allerdings kann der Film für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die auf sich allein gestellt sind, keine besonderen Vorkenntnisse mitbringen und über kein reflektiertes Behinderungsverständnis verfügen, nicht empfohlen werden, da das nationalsozialistische Behinderungsbild nicht hinreichend dekonstruiert wird und die Gefahr besteht, dass die nationalsozialistische Propaganda auf fruchtbaren Boden fällt. Der zaghafte Versuch einer Dekonstruktion mittels Portraitfotos ist zwar im Allgemeinen zu begrüßen, reicht jedoch für einen Bruch mit der Propagandawirkung nicht aus. Zudem wird der Versuch von einer undifferenzierten und stellenweise diskriminierenden Sprache untergraben, die den gesamten (Lehr-)Film durchzieht und die in der Gleichsetzung von Behinderung und Krankheit zum Ausdruck kommt.[12]Damit wird der Film der Aufforderung an alle Medienorgane, „(…) eine positive Wahrnehmung gegenüber Menschen mit Behinderungen (…) zu fördern“, die sich in Artikel 8 der von Deutschland 2009 ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention findet, nicht gerecht und hätte hierfür größere Anstrengungen unternehmen müssen.

AMERKUNGEN

[1] Siehe dazu: Aly, Götz (2013): Die Belasteten ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte.Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

[2] Zit. n. Topp, Sascha (2013): Geschichte als Argument in der Nachkriegsmedizin. Formen der Vergegenwärtigung der nationalsozialistischen Euthanasie zwischen Politisierung und Historiographie. Göttingen: V&R unipress, S. 239f.

[3] Werner Villigerwar ehemaliger Chefarzt der evangelischen Anstalt in Bethel und „T4“-Gutachter. 1958 wurde er zum Mitbegründer der Bundesvereinigung Lebenshilfe für das geistig behinderte Kind, der heutigen Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V., die zahlreiche Einrichtungen für behinderte Menschen betreibt. Vgl. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (2014): erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus. Berlin: Springer Verlag. S. 183.

[4] Erst 2017 entzog ihm die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) posthum die Ehrendoktorwürde. Siehe dazu: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (o. D.): Hirnforschung in der NS-Zeit: Ehrendoktorwürde entzogen. (Abruf am 13.06.2018 unter: https://www.dgn.org/neuronews/54-neuronews-2017/3417-hirnforschung-in-der-ns-zeit-ehrendoktorwuerde-entzogen).

[5] Bei dem kurzen biographischen Abriss zu Dr. Julius Hallervorden wurde auf folgende Literatur zurückgegriffen: Aly, Götz (2013): Die Belasteten ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte.Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. Klee, Ernst (2001): Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. Frankfurt am Main: Fischer Verlag. Martin, Michael; Karenberg, Axel &Fangerau, Heiner (2016): Neurologie und Neurologen in der NS-Zeit: Hirnforschung und „Euthanasie“. In: Der Nervenarzt. Volume 87, Issue 1. (Abruf am 14.06.2018 unter: https://www.dgn.org/images/red_publikationen/ns-sonderpublikation/ns-sonderpublikation_hirnforschung-euthanasie.pdf). Schmuhl, Hans-Walter (2000): Hirnforschung und Krankenmord. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung 1937-1945. (Abruf am 12.06.2018 unter: https://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/Ergebnisse/Ergebnisse1.pdf). Topp, Sascha (2013): Geschichte als Argument in der Nachkriegsmedizin. Formen der Vergegenwärtigung der nationalsozialistischen Euthanasie zwischen Politisierung und Historiographie. Göttingen: V&R unipress.

[6] Bei dem Begriff „Patient“, der im Film durchgehende Verwendung findet, handelt es sich um einen Euphemismus, da das Wort eine kranke Person bezeichnet, die sich in ärztlicher Behandlung befindet. Die Nutzung des Wortes im Hinblick auf die nationalsozialistische Psychiatrie suggeriert, dass die eingesperrten Menschen in den Anstalten tatsächlich behandlungsbedürftig waren und zum Wohle ihrer Gesundheit medizinisch behandelt wurden. Genau diesen Anschein wollten die Nationalsozialisten erwecken. In Anbetracht der Zustände in den damaligen „Heil- und Pflegeanstalten“, ein weiterer Euphemismus, wäre der von Goffman geprägte Begriff „Insasse“ wesentlich treffender gewesen.

[7] Vgl. Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung: NS-Propaganda im 21. Jahrhundert. (Abruf am 19.06.2018 unter: https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-4631).

[8] Vgl. Städter, Benjamin (2014): NS-Filme im Schulunterricht. Medienhistorische Zugänge in der schulpraktischen Vermittlung des Nationalsozialismus. In: Kuchler, Christian (Hg.): NS-Propaganda im 21. Jahrhundert. Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung. Köln; Weimar; Wien: Böhlau Verlag.

[9] Er nennt fünf filmische Möglichkeiten: Isolierung, Multiperspektivierung, Kontextualisierung, Kontrastierung und Demaskierung mit den Mitteln des Films. Vgl.: Schlott, René (2014): Aufarbeitung der NS-Verbrechen oder Wiederkehr nationalsozialistischer Bildwelten? NS-Filmaufnahmen in den Dokumentarfilmen der Bundesrepublik. In: Kuchler, Christian (Hg.): NS-Propaganda im 21. Jahrhundert. Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung. Köln; Weimar; Wien: Böhlau Verlag, S. 151ff.

[10] In § 14 Jugendschutzgesetz heißt es: „Filme, Film- und Spielprogramme zu Informations-, Instruktions- oder Lehrzwecken dürfen vom Anbieter mit „Infoprogramm“ oder „Lehrprogramm“ nur gekennzeichnet werden, wenn sie offensichtlich nicht die Entwicklung oder Erziehung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen.“

[11] Siehe dazu: Wojak, Irmtrud (2016): Fritz Bauer 1903-1968. Eine Biographie. München: BUXUS EDITION. S. 342 ff.

[12] Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass der Begriff „Zigeuner“ im Film Verwendung findet, obwohl er vom Zentralrat Deutscher Sinti & Roma als diskriminierend eingestuft wird. Siehe dazu: Erläuterungen zum Begriff „Zigeuner“ (Abruf am 07.06.2018 unter: http://zentralrat.sintiundroma.de/sinti-und-roma-zigeuner/).

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