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Nachlass Adele und Wilhelm Halberstam 1938-1944

Nachlass Adele und Wilhelm Halberstam

Den Nachlass in Briefen und Fotos von Adele und Wilhelm Halberstam und ihrer Familie übergab ihre Enkeltochter Lore Hepner (Santiago de Chile) in den 1990er Jahren der Historikerin Irmtrud Wojak. Es handelt sich um zahlreiche, in Sütterlin-Schrift verfasste Briefe der Halberstams aus den Niederlanden nach Chile von 1939-1944. Adele und Wilhelm Halberstam flüchteten nach dem Pogrom vom 9./10. November 1938 aus Berlin. Sie reisten per Schiff nach Rotterdam und fuhren von dort mit dem Zug nach Amsterdam, wo sie im April 1939 eintrafen und wo ihr Sohn Albert Halberstam bereits im November 1933 Zuflucht gefunden hatte.

Wilhelm Halberstam, 1866 geboren und erfolgreicher Kaufmann, war zum Zeitpunkt der Flucht 72 Jahre alt, seine Frau Adele fünf Jahre jünger. Ihre Tochter Käthe, Chemielaborantin von Beruf, lernte 1920 den Rechtsanwalt Dr. Heinrich Hepner kennen, der zum jüngsten am Berliner Kammergericht zugelassenen Anwalt avanciert war. Seit 1912 war er Sozius in der Kanzlei des Berliner Anwalts Eugen Fuchs, vormals Präsident des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Käthe und Heinrich heirateten 1921 in der Großen Synagoge in der Berliner Fasanenstraße, 1929 wurde ihre Tochter Lore Hepner geboren.

Lore Hepner und ihre beiden älteren Brüder wurden am 7. Februar 1939 mit einem Kindertransport von Berlin nach Rotterdam geschickt. Dort wurden sie in einem Lager für Flüchtlingskinder untergebracht. In den ersten Maitagen holten ihre Eltern sie zur Weiterfahrt nach London ab. Diese waren bis zur Genesung Heinrich Hepner in Berlin zurückgeblieben. Heinrich Hepner war am 10. November 1938 verhaftet, ins KZ Sachsenhausen deportiert und schließlich mit der Auflage zu emigrieren freigekommen. In Amsterdam kam es im Mai 1939 zum letzten Zusammentreffen der Hepner-Halberstams.

Die Briefe der Halberstams sind eine außergewöhnliche Quelle. Sie kämpften um jeden Tag ihres Lebens, das immer beengter und bedrängter wurde. Indirekt erfahren wir viel aus ihren Briefen über die deutsche Besatzung der Niederlande und die Kollaboration mit den Nationalsozialisten. Die von Amsterdam nach Santiago reisenden Briefnachrichten deuteten, jeweils mit ein paar Wochen Zeitverzögerung, auf vieles hin, was in den Niederlanden gerade eben passiert war.

Wilhelm Halberstam starb 1944 an den grausamen Haftbedingungen im Durchgangslager Westerbork in den Niederlanden, seine Frau Adele wurde wie ihr Sohn Albert Halberstam im Vernichtungslager Auschwitz 1944 ermordet.

Eine Auswahl der transkribierten Brief der Halberstams publizierten Lore Hepner und Irmtrud Wojak 1996, der Band ist vergriffen. Ausführlicher nachlesen lässt sich die Geschichte in der interaktiven Fritz Bauer Bibliothek, eine Neuauflage in Buchreihe der Fritz Bauer Bibliothek ist bereits geplant.

Der Nachlass wird derzeit mit einem Findbuch erschlossen. Die Briefe, auf hauchdünnem Luftpostpapier geschrieben, werden digitalisiert und sind danach Nutzer*innen des Archivs zugänglich.

URL: https://www.fritz-bauer-forum.de/archive/nachlass-adele-und-wilhelm-halberstam/

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