"As long as my people don’t have their rights all across America, there‘s no reason for celebration."

Marsha P. Johnson

* 24.08.1945 in Elizabeth, New Jersey
† 06.07.1992 in New York City
Staatsangehörigkeit bei Geburt: Amerikanisch
Staatsangehörigkeit bei Tod: Amerikanisch
Mutter

Alberta Claiborne

Vater

Malcom Michaels

6 weitere Geschwister

Land des Kampfes für die Menschenrechte: Vereinigte Staaten von Amerika
Ort des Kampfes für Menschenrechte: New Jersey, New York City
Bereich Art Von Bis Ort
1963 Schulabschluss an der Edison High School New Jersey
Konfession: Keine

Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR)

Ort: New York City
Eintrittsgrund: Unterstützung der LGBTQ-Gemeinschaft
Funktion / Tätigkeit:

STAR-House

Ort: New York City
Eintrittsgrund: Gründung eines Heims für homosexuelle und transsexuelle Jugendliche und Erwachsene
Funktion / Tätigkeit: Gründerin des Heims mit der Hilfe von langjähriger Freundin Sylvia Rivera

Gay Liberation Front (GLF)

Ort: New York City
Eintrittsgrund: Einsetzen für die Sichtbarmachung von Homosexuellen
Funktion / Tätigkeit:

Teilnahme an den Stonewall-Aufständen

Ort: New York City
Eintrittsgrund:
Funktion / Tätigkeit: Kampf gegen Polizeigewalt und Diskriminierung

Ort:
Eintrittsgrund:
Funktion / Tätigkeit:

Leitmotiv

Marsha P. Johnson kämpfte in den 1960er und 1970er Jahren in New York City für die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft und leistete Widerstand gegen die Rassismus und Diskriminierung, vor allem von Seiten der Regierung und der Polizei.

Wie wurde die Geschichte bekannt?

Marsha war bereits während sie lebte innerhalb der LGBT-Community sehr bekannt. Am 6. Juli 1992 wurde Marsha tot im Hudson River (New York) aufgefunden. Ihre Todesursache war unklar, was die LGBTQ-Gemeinschaft wütend machte und es kam zu Demonstrationen mit dem Motto ,Justice for Marsha‘.

Wann wurde die Geschichte bekannt?

Besonders bekannt wurde Marsha im Jahr 1969, nachdem sie sich aktiv im Rahmen der Stonewall-Aufstände gegen die Polizeigewalt wehrte.

Wo wurde die Geschichte bekannt?

Zunächst in New York, später weltweit.

Durch wen wurde die Geschichte bekannt?

Die Geschichte wurde durch Erzählungen, Interviews, Marshas Freund*innen, Bekannte und Familie sowie in letzter Zeit durch die Netflix-Dokumentation: ,The death and life of Marsha P. Johnson‘ bekannt.

Literatur (Literatur, Filme, Webseiten etc.)

Filme

France, David. “The death and life of Marsha P. Johnson”, 2017.

 

 

 

 

 

Menschenwürde
Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit
Recht auf freie Meinungsäußerung
Recht an der Gestaltung der öffentlichen Ordnung mitzuwirken
Recht auf soziale Sicherheit
Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben, Freiheit von Wissenschaft und Bildung

EINLEITUNG

Marsha P. Johnson, geboren am 24. August 1945 als Malcolm Michaels jr. in Elizabeth, New Jersey war eine herausragende Persönlichkeit der LGBTQ-Bewegung in den USA und wird heute als eine der bedeutendsten Personen des 20. Jahrhunderts dieser Bewegung angesehen. Zu Lebzeiten war Marsha P. Johnson nicht nur aktivistisch tätig, sondern auch künstlerisch und war leidenschaftliche Drag-Queen.

 

Hinweis: Im Zuge der Recherche für diese Geschichte haben uns enge Freund*innen von Marsha P. Johnson darauf hingewiesen, dass Marsha P. Johnson nicht trans war und “nie aufgehört hat, Malcolm zu sein” (“Marsha was not Trans…. and never stopped being Malcolm”). Da Marsha P. Johnson selbst keine Angaben zu den bevorzugten Pronomen mehr machen kann, haben wir uns dazu entschieden, in diesem Artikel keine Pronomen zu verwenden. Eine Ausnahme sind direkte Zitate anderer Personen über Marsha P. Johnson.

DIE GESCHICHTE

Die ersten Jahre

Johnson wuchs als Kind von Alberta Claiborne (Haushälterin) und Malcom Michaels (Fließbandarbeiter) mit 6 Geschwistern in New Jersey auf. Schon als Kind begann Marsha damit, Kleider zu tragen und wurde dafür von anderen Schulkindern ausgelacht. Auch Marshas Eltern hatten, basierend auf ihrem Glauben, Berichten zufolge Schwierigkeiten damit, Marshas Identität und Auftreten zu akzeptieren. Daher war Johnson dazu gezwungen, mit dem Ausleben der eigenen Persönlichkeit bis ins Erwachsenenalter zu warten.

Nach dem Abschluss an der Edison High School im Jahr 1963 entschied sich Marsha P. Johnson im Alter von 17 Jahren dazu, die Heimat zu verlassen. Mit 15 US-Dollar und einer Handvoll Kleidung machte Marsha sich auf den Weg ins New Yorker Homosexuellenviertel Greenwich Village und nahm dort zunächst das Pseudonym “Black Marsha” an. Da Johnson noch kein Geld verdiente, aber den eigenen Unterhalt zahlen musste, ging Marsha der Prostitution nach. Wenig später machte Marsha P. Johnson zum ersten Mal als Drag-Queen auf sich aufmerksam. (Rothberg, 2020)

 

Marsha P. Johnson

Den amtlichen Namen änderte Johnson von Malcom Michaels jr. zu Marsha P. Johnson. Das im Namen stand für Pay it no mind (Kümmere dich nicht darum/Beachte es nicht). Marsha wählte das P ganz bewusst aus, um sarkastisch auf die vielen Fragen zum eigenen Geschlecht antworten zu können.

 

Widerstand und Aktivismus

In den 1960er und 1970er-Jahren wurde Marsha P. Johnson zu einer besonders wichtigen Figur der LGBTQ-Gemeinschaft von New York City.

Johnson besuchte regelmäßig die Bar Stonewall Inn (eine Bar für schwule Männer, aber auch für Frauen und Drag-Queens). Nach Aussagen anderer Personen, hielt sich Johnson in den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 im Stonewall Inn auf, als die Polizei dort eine Razzia durchführte. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Besucher*innen des Lokals, die sich über mehrere Tage zogen. Johnson war ein großer Teil des Stonewall-Aufstandes und leistete gemeinsam mit den Mitstreiter*innen Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten: „Wir zerstörten Autos und haben die Straße blockiert (Marsha in einem Interview über die Auseinandersetzungen) (France, 2017).

Nach eigener Aussage stieß Marsha aber erst dazu, als die Razzia bereits gestartet hatte:

„I was uptown and I didn’t get downtown until about two o’clock, because when I got downtown the place was already on fire.  And it was a raid already. The riots had already started.  And they said the police went in there and set the place on fire.  They said the police set it on fire because they originally wanted the Stonewall to close, so they had several raids.”

(“Ich kam erst gegen zwei Uhr in die Innenstadt, denn als ich dort ankam, brannte es bereits. Und es war bereits eine Razzia. Die Unruhen hatten bereits begonnen. Sie sagten, die Polizei sei hineingegangen und habe das Haus in Brand gesteckt. Sie sagten, die Polizei hätte es angezündet, weil sie ursprünglich wollte, dass das Stonewall geschlossen wird, also gab es mehrere Razzien.”)

– Marsha P. Johnson (O’Neill, 2019)

Die Stonewall-Aufstände gelten heute als ein Wendepunkt im Kampf um queere Sichtbarkeit und sind zudem Auslöser für den jährlichen Pride Month (Pride-Monat) im Juni.

1970 gründete Johnson zusammen mit Sylvia Rivera, einer guten Freundin und US-amerikanischen Aktivistin für Homosexuellen- und trans-Rechte, die Aktivistinnengruppe Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR). Die Gruppe setzte sich für obdachlose trans Personen und Drag-Queens ein und versuchte, die LGBT-Gemeinschaft und insbesondere trans Personen sichtbarer und stärker zu machen.

Im selben Jahr gründete Johnson mit Rivera zusammen das STAR-House, ein Heim für schwule und trans Jugendliche und Erwachsene. Bis zum Tod betonte Marsha, dass Rivera die Hauptverantwortung für dieses Projekt trug: „Ich bin nur Vizepräsidentin des STAR-House, Sylvia die Präsidentin“ (Marsha über Rivera nach der Gründung des STAR-House) (France, 2017). Zudem engagierte Johnson sich in der Gay Liberation Front (GLF). Die GLF war eine politische Gruppe Homosexueller, die sich für die Sichtbarmachung von Schwulen und Lesben einsetzte und durch den Stonewall-Aufstand von 1969 entstand (Walsh, 2019).

Bild 1: Das Stonewall Inn im Juli 2022.

 

Marsha und die Kunst

Marsha P. Johnson trat schon damals leidenschaftlich als Künstler*in auf und setzte sich mithilfe von Kunst und Kreativität für die Rechte der LGBTQ-Community ein. Johnson war bekannt für farbenfrohe und ausgefallene Kostüme. 1974 modelte Marsha für den heute bekannten amerikanischen Künstler Andy Warhol und war Teil seiner Polaroid-Reihe (Rothberg, 2020). Außerdem war Marsha Teil der Drag-Performance-Gruppe Hot Peaches, gegründet von Jimmy Camicia. „Als ich Marsha zum ersten mal sah, war sie total aufgebrezelt mit Federn und Make-Up, das nie richtig saß“ (Kitty Rotolo über ihre damals gute Freundin Marsha) (France, 2017).

 

Marsha P. Johnsons Tod

Trotz des bedeutenden Beitrags für die Menschenrecht kämpfte Johnson zeitlebens mit Obdachlosigkeit, Armut und auch psychischen Problemen. 1966 lebte Johnson auf der Straße und verdiente Geld durch Prostitution. Stress und Wut sowie die eigene Verbissenheit machten Johnson gelegentlich zu schaffen. Trotz allem schaffte Marsha es immer, anderen eine Freude zu bereiten. „Marsha war sehr umgänglich und witzig. Sie hatte aber keinen Mangel an Ernsthaftigkeit und politischem Willen“ (Karla Jay, Mitgründerin der LGBTQ-Bewegung) (France, 2017). Auch Agosto Machado (Mitgründer der LGBTQ-Bewegung) äußerte, dass es zu jedem Zeitpunkt Marshas Mission gewesen sei, Friede und Freundschaft zu verbreiten (France, 2017).

Marsha P. Johnson wurde am 6. Juli 1992 tot im Hudson River in New York City aufgefunden. Heute gibt es gegensätzliche Meinungen darüber, wer Marsha zuletzt lebend gesehen haben soll. Zunächst wurde Marshas Tod als Selbstmord abgetan, jedoch waren sich Freund*innen und Familie sicher, dass Marsha Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sei. Noch heute gilt Marsha P. Johnsons Tod als ungeklärt (Rothberg, 2020).

Sylvia Rivera äußerte nach Marshas Tod: „She is not here but she is here in spirit. I’ll not forgive the movement for anything they have done to my community“ (France, 2017). 2002 starb Rivera an Leberkrebs im Alter von 50 Jahren.

 

Nachwirkungen

Heutzutage gilt Marsha P. Johnson als Schlüsselfigur der LGBTQ-Bewegung und als bedeutende Person im Kampf um die Menschenrechte. Nach Johnsons Tod demonstrierten zahlreiche Menschen am Hudson River unter dem Motto Justice for Marsha.

Mit den Jahren hat Marsha P. Johnson zahlreiche Ehrungen und Anerkennungen erhalten. 2017 wurde beispielsweise auf Netflix die Dokumentation “The death and life of Marsha P. Johnson” veröffentlicht (France, 2017). Zudem wurde Johnson 2019 im Greenwich Village in der Nähe des Stonewall Inns in New York mit einem Denkmal geehrt, es gibt viele Wandmalereien zu Marshas Ehren und 2021 machte die deutsche Sängerin Sarah Lesch mit dem Lied Die Geschichte von Marsha P. Johnson auf Marshas Tod aufmerksam (Caldart, 2022).

Marshas Kampf um Gerechtigkeit und Gleichheit inspiriert auch heute weiterhin Aktivist*innen. Der unaufgeklärte Tod macht einige Mitglieder der Szene sehr wütend und es wird immer wieder die Frage aufgeworfen, wieso vonseiten der Polizei so wenig getan wurde, um die genaue Todesursache zu ermitteln. „Der Polizei war alles egal, es ging ja nur um ‘Transen’“ (Aussage eines Zeitzeugen) (France, 2017). Zudem gab es immer wieder die Vermutung, dass die Mafia (als Feind der LGBTQ-Bewegung) etwas mit Marshas Tod zutun haben könnte: „Marsha hatte große Angst vor der Mafia“ (Randy Wicker, ehemaliger Freund von Marsha) (France 2017; Simon, 2017).

Das Zitat von Marsha P. Johnson, das am Anfang dieses Artikels steht, ist auch heute noch von trauriger Aktualität: “As long as my people don’t have their rights all across America, there‘s no reason for celebration.” – “Solange die Rechte der LBGT-Community nicht überall in Amerika anerkannt werden, gibt es keinen Grund zum Feiern.”

© Gun Roze

Autorin: Amelie Späth

Kontakt: info@buxus-stiftung.de

Fotos:

Header: Sahra Barkini, Beobachter News (SWB GmbH)

Porträtfoto: Mit freundlicher Genehmigung von Gun Roze

Bild 1: Karly Jones, Unsplash

 

Quellen:

http://www.back2stonewall.com/2021/06/stonewall-listen-to-marsha-p-johnson-talk-about-the-stonewall-riots-in-her-own-words-rare-audio.html

http://www.back2stonewall.com/2023/06/pride-history-remembering-marsha-p.html

https://www.youtube.com/watch?v=IcN5FSl9aWI (Sarah Lesch)

https://outhistory.org/exhibits/show/tgi-bios/marsha-p-johnson

Caldart, Isabella. Frankfurter Rundschau. 5. Juli 2022. https://www.fr.de/panorama/spaete-wuerdigung-einer-fruehen-queen-91649621.html

France, David. The Death and Life of Marsha P. Johnson. 2017. Film.

O’Neill, Shane. The New York Times. 31. Mai 2019. https://www.nytimes.com/2019/05/31/us/first-brick-at-stonewall-lgbtq.html

Rothberg, Emma. National Women’s History Museum. 2020. https://www.womenshistory.org/education-resources/biographies/marsha-p-johnson

Simon, Carolyn. Human Rights Campaign. 29. September 2017. https://www.hrc.org/news/the-cold-case-of-an-lgbtq-pioneer-marsha-p-johnson

Walsh, Colleen. The Harvard Gazette. 27. Juni 2019. https://news.harvard.edu/gazette/story/2019/06/harvard-scholars-reflect-on-the-history-and-legacy-of-the-stonewall-riots/

 

Alle Links: Letzter Abruf 25.07.2023

 

Diesen Beitrag teilen

Cookie-Einstellungen
Auf dieser Website werden Cookie verwendet. Diese werden für den Betrieb der Website benötigt oder helfen uns dabei, die Website zu verbessern.
Alle Cookies zulassen
Auswahl speichern
Individuelle Einstellungen
Individuelle Einstellungen
Dies ist eine Übersicht aller Cookies, die auf der Website verwendet werden. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Cookie-Einstellungen vorzunehmen. Geben Sie einzelnen Cookies oder ganzen Gruppen Ihre Einwilligung. Essentielle Cookies lassen sich nicht deaktivieren.
Speichern
Abbrechen
Essenziell (1)
Essenzielle Cookies werden für die grundlegende Funktionalität der Website benötigt.
Cookies anzeigen
Statistik (1)
Statistik Cookies tracken den Nutzer und das dazugehörige Surfverhalten um die Nutzererfahrung zu verbessern.
Cookies anzeigen