"Wir müssten lernen, für Recht und Gerechtigkeit zu Leben"
-Fritz Bauer

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04.09.2018

Ein Haus für Erinnern und Widerstand
NS-DOKU-Zentrum in Köln bekommt Verstärkung auf dem Weg zu einem „Haus für Erinnern und Demokratie“

Einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einem „Haus für Erinnern und Demokratie“ zu tun, das es immer schon sein wollte, hat sich das EL-DE-Haus in Köln bereits im vergangenen Jahr vorgenommen. Nun erhält der Ausbau des Zentrums, das im ehemaligen Gestapo-Gebäude der Stadt am Rhein untergebracht ist, nach den Ereignissen von Chemnitz weitere Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern. Diese wollen damit den dringend notwendigen Kampf gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit unterstützen. Wie der WDR meldet, wollen die Beteiligten drei Monate lang in siebzehn Veranstaltungen auf ihre Honorare verzichten, um damit den Ausbaus des Hauses zum „Haus für Erinnern und Demokratie“ zu unterstützen.

In Köln wie auch andernorts suchen Menschen, die sich schon jahrelang für eine offene Auseinandersetzung mit der Nazi-Vergangenheit einsetzen, neue Wege zur Stärkung der Demokratie und Menschenrechte. Man ist versucht zu sagen, das wurde auch höchste Zeit, aber gerade das Kölner Zentrum hat sich schon lange durch eine offene und zeitgemäße Bildungsarbeit ausgezeichnet.

Der Rat der Stadt hatte bereits im Juli 2017 für die Erweiterung gestimmt und will damit vor allem die politische Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus stärken. „Eine großartige Entscheidung!“ titelte die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremis NRW“, deren Bedarf an Räumlichkeiten gewachsen ist und in diesen Zeiten tatsächlich immer mehr Unterstützung braucht. Den zivilgesellschaftlichen Akteur_innen, die in dem Netzwerk gegen Rechtsextremismus engagiert sind, werden in dem „Haus für Erinnern und Demokratie“ Tagungsräumlichkeiten und Räume für ihre Projekte zur Verfügung gestellt.

Auch andernorts gab es bereits zukunftsweisende Möglichkeiten, blieb jedoch die Bezeichnung als NS-DOKU-Zentrum bestehen. So beispielsweise in München, wo der Stadtrat sich 2011 gegen die Stimmen der SPD für ein „NS-Dokumentationszentrum“ entschied (siehe Abb., Werbephoto zur Ausstellung auf der Webseite des NS-Doku-Zentrum). Das ambivalente, zweischneidige Argument, das die Bezeichnung sich „eingebürgert“ habe, wurde damals gegen das neue, an Fritz Bauer angelehnte Konzept des Handelns für die Menschenrechte angeführt. Weil selbst der „blödeste Nazi doch kapiere, dass es hier um die Analyse des Terrors geht.“ So einfach, aber auch verkehrt kann historische Analyse liegen, aber darum handelte es sich hier auch nicht oder ging es auch gar nicht. Genau weiß das niemand.

Lange schon vor der Münchner Entscheidung war jedenfalls offensichtlich, dass die Analyse von Nazi-Terror und das noch so minutiöse Dokumentieren von NS-Verbrechen nicht der Königsweg sind, um das seit Jahren und jetzt wieder besonders zu beobachtende Wachsen von Rechtsextremismus und Rassismus zu verhindern. Vor allem Opfer und Überlebende haben immer wieder vor einem sich selbst genügenden, einseitigen Negativgedächtnis und auch vor einem bürokratisierten, geradezu verwaltungsmäßigen Verbrechen erinnern gewarnt, das die Vielfalt des demokratischen Widerstands – Fritz Bauer nannte ihn Notwehr und Nothilfe, wenn die Menschenrechte verletzt werden – außer Acht lässt.

Denn am Handeln der Wenigen und nicht der Vielen wird die menschliche Geschichte gemessen, dass die Wenigen mehr werden ist und bleibt unser Pensum. In einem Haus für Erinnern und Demokratie, wo nicht allein eilfertig dokumentiert und geschrieben oder auf neue, angeblich notwendige Gesetzesänderungen hingewiesen wird, kann im Geiste der Menschenrechte Widerstand gelernt und vor allem gelebt werden. Ein solches Projekt kann ein Haus des Erinnerns und vor allem des Widerstands werden, der mehr als nötig ist. Er eilt, wenn der Blick in Richtung Chemnitz oder auf das Mittelmeer geht, wo Tausende Menschen sterben, während denjenigen, die retten und helfen wollen, der Weg versperrt wird. In einem Haus für Erinnern und Demokratie wird man sich solchen drängenden offenen Fragen stellen können. Ja, es ist großartig, dass es jetzt solche aktuell notwendige Unterstützung bekommt!

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