Ein|Ausblicke 06/2023

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04.07.2023

Ein|Ausblicke 06/2023

 

Der Juni war ein wirklich besonderer Monat für uns: Wir waren bei der Preisverleihung des Grimme Online Awards 2023 in Köln. Außerdem haben wir diesen Monat zusammen mit der Elisabeth Käsemann Stiftung (Stuttgart) das Buch Verschwunden und ermordet veröffentlicht. In unserer Veranstaltungsreihe „Anwält*innen für Demokratie und Menschenrechte“ empfingen wir Seda Başay-Yıldız mit einem Vortrag zu staatlichem Rassismus und dem NSU 2.0. Unsere Geschäftsführerin Irmtrud Wojak war beim SPD-Vorstand in Bochum zu Gast – und umgezogen sind wir auch noch.

Grimme Online Award 2023

Die Mitarbeiter*innen des Fritz Bauer Forums bei der Verleihung des Grimme Online Awards 2023 © Arkadiusz Goniwiecha / Grimme-Institut

Wie in den vergangenen Monaten schon berichtet, war unsere digitale Ausstellung „Fritz Bauer. Im Kampf um des Menschen Rechte“ für den Grimme Online Award 2023 nominiert. Am 15. Juni war es dann endlich so weit und wir waren eingeladen, an der Preisverleihung in der Kölner „Flora“ teilzunehmen. Neben vielen anderen Projekten warteten wir gespannt, ob es uns gelingen könnte, diese Auszeichnung für unser Erstlingswerk zu erhalten. Leider gelang es uns nicht, die Jury mit unserer Arbeit zu überzeugen. Dennoch: bereits die Nominierung unter 800 Einreichungen war für uns eine große Ehre, über die wir uns sehr gefreut haben und mit der wir zunächst gar nicht gerechnet hatten.

Auch ohne Auszeichnung hatten wir einen schönen Abend und konnten mit einigen spannenden Persönlichkeiten sprechen.

Buchveröffentlichung: Verschwunden und ermordet

Plakat zur Buchveröffentlichung © Elisabeth Käsemann Stiftung / Goethe Institut

In Zusammenarbeit mit der Elisabeth Käsemann Stiftung haben wir diesen Monat das Buch Verschwunden und ermordet über europäische Opfer des geheimen Haft- und Folterlagers El Vesubio in Argentinien als Fünften Band in unserer Buchreihe Fritz Bauer Bibliothek veröffentlicht. Gleich sieben Autor*innen dokumentieren in diesem Werk die Lebensgeschichten von zehn Männern und Frauen, die sich während der argentinischen Militärdiktatur auf unterschiedlichste Weise für ein Aufbrechen der Unrechtsstrukturen einsetzten. Ihr Einsatz für ein besseres Leben kostete sie alle das Leben. Trotz diverser Solidaritätsinitativen in Deutschland, Frankreich und Österreich konnten sie nicht gerettet werden. Ihr Einsatz für Menschenrechte soll und darf aber nicht vergessen werden.

In der BUXUS EDITION ist, mit Unterstützung der BUXUS STIFTUNG, eine spanische Übersetzung des Buches erschienen, die die Geschäftsführerin und Gründerin der Elisabeth Käsemann Stiftung, Dr. Dorothee Weitbrecht, im Goethe Institut in Buenos Aires unter großer Anteilnahme vorgestellt hat. Dorothee Weitbrecht ist Zeithistorikerin und eine Nichte von Elisabeth Käsemann, die als junge Frau in Argentinien ermordet wurde und deren Geschichte ebenfalls in dem umfangreich illustrierten Buch nachzulesen ist.

Die deutschsprachige Buchausgabe und das spanischsprachige eBook können HIER in unserem Onlineshop erworben werden.

Veranstaltung: mit Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız

Seda Başay-Yıldız während ihres Vortrags im Bochumer Kunstmuseum © FRITZ BAUER FORUM | BUXUS STIFTUNG

438 Verhandlungstage lag befasste sich das Oberlandesgericht München mit dem NSU-Komplex. Die Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız begleitete den Prozess als juristische Vertretung der Familie eines der Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), der über Jahre Menschen ermordete. Im Rahmen der Veranstaltung am 13. Juni sprach Seda Başay-Yıldız im Kunstmuseum Bochum über die Taten, die polizeilichen Ermittlungen und die zähen Gerichtsverhandlungen, nicht zuletzt die von den Nebenkläger*innen erlebte Missachtung der Anliegen der Opfer. Ihr erschreckendes Fazit: Staat und Polizei versagten in diesem Kontext wiederholt. So stellten beispielsweise die ermittelnden Polizist*innen notorisch eine Verbindung der Opfer zu organisierter Kriminalität und zum Rauschgifthandel her, die sich überhaupt nicht aus deren Lebensgeschichten ergab, und verfolgte diese anschließend mit erhöhten Ermittlungseifer. Dass die Taten aus einem rassistischen Motiv heraus begangen wurden, so Seda Başay-Yıldız, hätten die Polizist*innen nicht in Erwähnung gezogen.

Diese Fehleinschätzung der Behörden hielt sich bis zur Selbstenttarnung des NSU und hätte vermieden werden können, wenn die ermittelnden Polizist*innen den Hinterbliebenen der Ermordeten mehr Gehör geschenkt hätten. Der erschreckendste, wenngleich historisch-politisch wenig überraschende Befund ist und bleibt, dass Menschen mit einer Migrationsgeschichte, die Opfer rassistischer Straftaten werden, zu Tätern erklärt wurden und werden (Täter-Opfer-Umkehr), was dazu dient, die Rede von den angeblichen Einzelfällen zu untermauern. Der Rassismus in der Polizei zeigt sich aber, wie Seda Başay-Yıldız aufzeigen kann, nicht nur in den Handlungen einzelner Polizist*innen, sondern vorurteilsgelenkte Annahmen sowie eine rücksichtslose Gedankenlosigkeit sind eine strukturelle Gefahr, die sich in den Arbeitsabläufen bei den Ermittlungen wiederfindet und stets zu Lasten der Opfer geht.

Umzug: in die Feldmark 102

Nach dem bereits im Mai klar war, dass wir einen Teil des ehemaligen Cafés Havkenscheid als Büroräume anmieten können, haben wir diesen Monat den Sprung gewagt. Sie und ihr findet uns nun in der Feldmark 102, direkt gegenüber vom zukünftigen Fritz Bauer Forum und neben “unserer” neuen Bushaltestelle, deren Schilder pünktlich zur Fahrplan-Umstellung im Juni errichtet waren. Wir hoffen, dass in Zukunft (und auch am Wochenende:) öfters ein Bus bei uns anhält und freuen uns sehr, ab jetzt näher am Ort zu sein, wo es inzwischen schon deutlich lebendiger geworden ist. Interessierte können wir nun besser über die Baufortschritte informieren, inklusive der nicht wenigen Radler*innen, die bei uns vorbeikommen.

Ehrenamt

Für unsere ehrenamtlich Mitwirkenden gilt ebenso, dass wir  Sie und euch ab jetzt am Ort des Fritz Bauer Forums empfangen können, um uns über die aktuelle Bedeutung des Forums und unsere gemeinsamen Aufgaben auszutauschen und Projekte anzupacken. Wir freuen uns auf jedes bekannte und unbekannte Gesicht und alle engagiert Mitwirkenden. Künftig gibt es einen eigenen Termin für unsere Treffen, der erste findet am 1. August 2023 ab 10.00 Uhr an unserem neuen Ort statt.

Interview: mit dem Holocaust-Überlebenden Felix Lipski

Felix Lipski während des Interviews mit Dr. Irmtrud Wojak © FRITZ BAUER FORUM | BUXUS STIFTUNG

Außerdem konnten wir im Juni ein weiteres Mal Felix Lipski interviewen. Er wurde am 11. Mai 1938 in Minsk geboren und überlebte als Kind das Minsker Ghetto. 1943 konnten seine Mutter und er fliehen und schlossen sich einer jüdischen Partisaneneinheit an, 1944 wurden sie von der Roten Armee befreit. Heute lebt er in Bochum und ist sehr aktiv in der Erinnerungsarbeit. Er hat uns viele Dokumente und Fotografien gezeigt, die Aufzeichnungen seiner Mutter aus dem Widerstand, und wir sind dankbar, dass er uns an seiner Geschichte und seinem Engagement hat teilhaben lassen. Seine Enkelin hat uns bei der Übersetzung und Einordnung geholfen, auch an sie an dieser Stelle vielen Dank! Wir bereiten das Interview nun auf und werden es in den kommenden Monaten veröffentlichen. Weitere spannende Interviews finden Sie und findet Ihr HIER.

 

Kommende Veranstaltungen

6. Juli 2023, 18.00 Uhr: Vortrag und Diskussion mit Rolf Gössner im Kunstmuseum Bochum, mehr HIER

11. August 2023, 15.00 – 21.00 Uhr: Schon jetzt unseren Tag der offenen Tür zur Besichtigung unserer fertiggestellten Fritz Bauer Bibliothek vormerken, rechtzeitig zum 120. Geburtstag Fritz Bauers. Mit einem Sommerfest für alle Interessierten! Es gibt viel zu sehen, Kunst, Gespräche und ab 18.00 Uhr Live-Musik mit der Grupo Manzanar!

Text: Tobias Fetzer, MA; Magdalena Köhler, MA
Headerbild und Grimme-Award-Abb. im Text: Copyright: Arkadiusz Goniwiecha / Grimme-Institut
Kontakt: info@fritz-bauer-forum.de

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